Inhalt
Ein Berufungsantrag trifft ein beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, nur einer unter hunderten, die
jede Woche bearbeitet werden müssen. Was Wunder also, dass er verschwinden kann, ohne dass es jemandem
auffällt. Doch was stand drin? Sara Evans rätselt noch darüber, als einer der anderen Assessoren, Michael Fiske,
ein Freund von ihr, verschwindet. Gemeinsam mit dessen Bruder John macht sie sich auf Spurensuche, doch die
Army, die in den Fall verwickelt ist, gibt ihre Informationen und seien sie noch so alt, nicht so gerne her...
Rezension
Am Anfang musste ich mich regelrecht zwingen, weiter zu lesen, feuert Baldacci doch Maschinengewehrsalven
von Namen auf den armen Leser ab. Sämtliche relevanten Personen werden nacheinander vorgestellt und
machten die Lektüre nicht nur zäh, sondern geradezu öde. Interessant fand ich hingegen die Informationen zur
Arbeitsweise des Gerichtes, die weniger mit Rechtsprechung als mit Politik zu tun hat. Solch ein Geschachere um
Stimmen gibt es sonst nur im Wahlkampf. Nach etwa 100 gemächlichen Seiten nimmt die Geschichte Fahrt auf und
hat schließlich viel an Tempo, wenn auch keinen rechten Thrill zu bieten. Für letzteres ist sie viel zu durchkonstruiert
und eingängig. Der Leser muss erst noch geboren werden, der nicht sofort vermutet, dass Sara und John usw.
usw. Wenn Baldacci nur nicht ständig diese nervtötenden, wahrhaft paradiesisch tollen Singles heranschweben,
sondern auch mal ganz normale Leute an seine Fälle lassen würde! Ich gebe zu, dies ist bereits der vierte Roman
von ihm, den ich in Händen halte (die Bücherei ist eine wahre Fundgrube in dieser Hinsicht) und er beherrscht sein
Handwerk. Da stören keine komplexen Gefühlswelten, da gibt es keine Logik, die man nicht weit genug biegen
könnte, behindern keine Satzteile, die über den Standardwortschatz hinausgehen, das kurzweilige, gehirnabschaltende
Vergnügen. Am Ende passt alles wunderbar zusammen und gemeinsam mit den Protagonisten reiten wir,
die amerikanische Flagge in der einen, die Bibel in der anderen Hand dem Sonnenuntergang entgegen.
Nebenbei wäre es angebracht zu beten, dass man in all dem Pathos nicht ertrinken möge, der aus den meisten
der gefühlsduseligen Dialoge trieft. Überzeugende Figuren sind nicht Baldaccis Stärke, obwohl er sich redlich
darum bemüht, ihnen innere Konflikte anzudichten. Leider kaufte ich ihm das nicht ab, da die Gespräche eine unfreiwillige
Komik hatten, die jedes aufkeimende Pflänzchen Glaubwürdigkeit unter großspurigen Worten unter sich
begruben. Die Protagonisten schauen verblüfft, reißen die Augen auf und sind wütend - das ist so ziemlich die
gesamte Palette an Emotionen, die sie zu zeigen vermögen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt oder genau
solch ein - bei Filmen würde ich das Popcornkino nennen - sucht, ist hier goldrichtig.