Autor

Barbery, Muriel

Titel

Die Eleganz des Igels

Originaltitel

L'Élegance du hérisson

Genre

Unterhaltung

Seiten

364

Erscheinungsjahr

2006

Auszeichnungen

Verfilmungen

Le hérisson (2009)

Verlag

dtv

Wertung

Inhalt

Auf den ersten Blick haben die hässliche Concierge Paloma und das reiche, zwölfjährige Mädchen Renée nichts gemeinsam, außer dem Dach über dem Kopf. Sie logieren in einem großen Pariser Wohnkomplex für Wohlhabende, an entgegengesetzten Enden der sozialen Leiter. Doch während es sich die Hausmeisterin als lebendes Stereotyp gemütlich eingerichtet hat, aber heimlich Marx, Kant und Proux liest, hadert die ebenfalls sehr intelligente Renée mit ihrer Zukunft im Goldfischglas, wie sie es nennt. Deshalb hat sie beschlossen, sich an dem Tag, an dem sie dreizehn wird, umzubringen...

Rezension

Nun soll man also gleich zwei Klugscheißern dabei zusehen, wie sie ihr Leben verpfuschen. Die beiden verschwenden einen Großteil ihrer Zeit und Energie darauf, den anderen etwas vorzugaukeln, stellen sich als weniger intelligent dar als sie in Wirklichkeit sind und beschweren sich noch darüber, dass dieses Dummstellen so viel Kraft koste. Also, wenn sie zu blöd sind, etwas aus sich zu machen, kann man ihnen auch nicht helfen. Gleichzeitig sehen Renée und Paloma auf uns Normalsterbliche herab, wenn wir etwas nicht verstehen (Marx Theorien zum Beispiel), dabei frage ich mich, was erbärmlicher ist. Wenn man so tut, als verstehe man etwas oder wenn man so tut, als verstünde man es nicht? Es ist grotesk zu lesen, wie die Concierge in allen Dingen kranpfhaft versucht, dem Klischee zu entsprechen. Sie kocht Gerichte, von denen sie meint, sie passten zu ihrer Rolle, obwohl sie diesen Fraß eigentlich hasst (Kohl und Eintopf), schlurft in Hausschuhen durch die Gegend, blafft die Leute an, redet Unsinn und fühlt sich den Reichen dabei überlegen. Diese Snobs sind zwar ebenfalls unsympathisch, aber immerhin verstellen sie sich nicht. Außerdem wundert es mich, dass Paloma einen derartigen Aufwand treibt, ihren scharfen Intellekt zu verbergen. Entsprächen die Bewohner des Nobelhauses nämlich ihren Vorstellungen, würde es sie nicht die Bohne interessieren, was ihre Hausmeisterin so treibt. Das Theater könnte sie sich sparen.
Was mir ebenfalls missfiel waren die vielen Anspielungen auf Philosophen und Utopisten wie Marx, ohne dass dem unkundigen Leser (also mir zum Beispiel) näheres dazu mitgeteilt würde. In ihrer Arroganz lässt Barbery die Intellektuelle heraushängen, ohne sich dazu herabzulassen, ihre Anmerkungen zu bestimmten Büchern oder Thesen zu erläutern, jedenfalls meistens. Das soll man gefälligst selbst nachschlagen. Die Ich-Erzählerinnen helfen einem jedenfalls nicht weiter; mal berichtet die Concierge von ihren Versteckspielen oder ihrer Lektüre, dann wieder das zwölfjährige Mädchen, ohne dass man einen Unterschied zwischen diesen beiden feststellen könnte. Sie sind austauschbar, die Persönlichkeit hinter den wohlfeilen Worten wird nicht greifbar und eine nennenswerte Handlung hat dieser "Roman" schon gar nicht. Der Titel ist das Beste daran.