Autor

Claudel, Philippe

Titel

Die grauen Seelen

Originaltitel

Les âmes grises

Genre

Drama

Seiten

239

Erscheinungsjahr

2004

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Rowohlt

Wertung

Inhalt

Der erste Weltkrieg tobt nur ein paar Kilometer entfernt von dem kleinen Städtchen nahe V., wo das Leben weiterläuft wie bisher. Doch dann kommt die neue Lehrerin, eine schöne, junge Frau, die selbst dem verschlossenen Staatsanwalt mit ihrer sanften Art den Kopf verdreht. Der Ich-Erzähler erinnert sich mit Wehmut und Schmerz an diese Zeit und setzt Stück für Stück des Puzzles um die Ermordung des Mädchens Belle zusammen...

Rezension

"Claudel schreibt mit dem Skalpell, um die Seele unter der Haut leichter freilegen zu können." Große Worte des Kritikers der französischen Zeitung "L'Express", denen ich hiermit einhellig zustimme. Behutsam nähert sich der Autor dem 'Vorfall' und gibt durch Gespräche, derer sich der Erzähler ensinnt, immer mehr preis. Dadurch entstand ein für mich unwiderstehlicher Sog, der mich die Geschehnisse, wie auch die beinahe lähmende Trauer der Protagonisten voll durchleiden ließ. Selten wurde der Verlust eines geliebten Menschen derart intensiv dargestellt, zumindest in den Büchern und Filmen, die ich gesehen oder gehört habe. Wie schafft Claudel das? Indem er beschreibt, was der Tod für die Hinterbliebenen für eine Bedeutung hat? Wenn klar wird, in welchem Ausmaß der Verstorbene immer noch unter den Lebenden weilt? Ich weiß nur, dass dieses Buch schonungslos offen von schockierendem Verhalten berichtet und mich als Leser umso betroffener machte, als ich mir darüber klar wurde, dass wahrscheinlich auch ich der hässlichen Fratze der Wahrheit nicht ins Gesicht hätte blicken wollen. Claudel muss dies für mich tun und also habe ich wohl eine dieser grauen Seelen, wie Josephine es so treffend ausdrückt.
Beeindruckend (und) aktuell ist dieser auf leisen Sohlen daherkommende, einen plötzlich am Kragen packende Roman eines Autors, der mitten auf's Herz zielt und auch den Verstand trifft.