Autor | Daschkowa, Polina |
Titel | Club Kalaschnikow |
Originaltitel | Mecto Hocohiem |
Genre | Krimi |
Seiten | 445 |
Erscheinungsjahr | 1998 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Aufbau |
Wertung | |
Inhalt
Das Buch schlägt eher leise Töne an und versetzt einen in eine melancholische Stimmung, während
man vom Leben im neuen Russland erfährt. Die große Armut bekommt man nur so am Rande mit, es
geht eher um Neureiche, Schauspieler, die Mafia. Gleb Kalaschnikow, Casinobesitzer und Frauenheld,
wird in den Armen seiner Frau Katja Orlowa, Primaballerina, erschossen. Mögliche Verdächtige finden
sich schnell: Der gegnerische Mafiaboss, der sein Casino übernehmen will, sein Geschäftsführer, eine
Masseuse, ein Schuldner, seine Geliebte Olga, die als verschroben gilt.
Rezension
Zu Anfang legt die Autorin geschickt falsche Fährten aus, so dass mein Verdächtiger ständig wechselte. Doch
schon bei der Hälfte kommt man auf den Trichter und wundert sich, warum alle noch so im dunkeln tappen. Besonders
zum Schluss hin wirkt die Handlung ziemlich konstruiert. Ein Video überspielen mit nur einem Recorder?
Ein BH wird in Eile in die Tasche gesteckt? Der kommt doch auf den Boden. Und so passt die Geschichte
teilweise nicht zusammen, ist sie nicht ganz stimmig. Der Mörder hatte einen Schlüssel, überfällt sein
Opfer aber mitten im Flur, wo die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, entdeckt und gehört zu werden. Vor
allem, da er als berechnend dargestellt wird und trotzdem grobe Fehler begeht, sich mit Leuten an Orten
trifft, an denen er auf jeden Fall gesehen wird. Auch wenn Daschkowa sehr anschaulich erzählt und man
interessiert die Geschehnisse verfolgt, finde ich die Personen nicht menschlich genug. Sie erscheinen
äußerst kühl und in Resignation versunken. Ich hatte das Gefühl, als warteten alle auf irgendetwas, das
sie aus der Lethargie befreit, als wären sie antriebslos und könnten die Dinge nicht selbst in die Hand
nehmen. Besonders Katja erschien mir so, da sie die Affären ihres Mannes stoisch erträgt und sich auch noch
von seiner Eifersucht quälen lässt. Sicher hat sie Angst, ihr Ballett zu verlieren, aber es hat mich dennoch
gestört. Vielleicht gibt Daschkowa auch nur die jetzige Stimmung in ihrem Land wieder und die
Haltung der Frauen dort? Mir hat einfach meine Identifikations- und Sympathiefigur gefehlt und auch
wenn die Verhältnisse in Russland wirklich so sind, muss es mir trotzdem nicht gefallen. Die Personen
wirkten im gesamten irgendwie klinisch, steril, wie die Geschichte allgemein.
Trotz der (kleinen) Mängel eine recht gute Lektüre, die sich mehr um die Personen kümmert als um den
Mordfall. Auch wenn die Leute dennoch blass bleiben - übrig bleibt von ihnen nur diese melancholische
Stimmung - ist das Buch gut geschrieben, schnörkellos und flüssig zu lesen. Ein großes Plus sind die
verwickelten Beziehungen zwischen den handelnden Leuten, die sich erst nach und nach herauskristallisieren
und komplex angelegt sind.