Autor | DeWinter, Leon |
Titel | Malibu |
Originaltitel | God's Gym |
Genre | Drama |
Seiten | 417 |
Erscheinungsjahr | 2002 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Diogenes |
Website des Autors | www.leondewinter.nl |
Wertung | |
Inhalt
Joop Koopman ist ein mäßig erfolgreicher Drehbuchautor in L.A. und seine einzige Tochter Mirjam ist
gerade auf dem Weg zu ihrer Geburtstagsfeier. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände stirbt
sie bei einem Unfall, gerade 17 Jahre alt. Noch ganz in seiner Trauer gefangen übernimmt Joop von
seinem früheren Schulfreund Philip einen Auftrag. Er soll einen niederländischen Landsmann aushorchen
und herausfinden, was der mutmaßliche Terrorist plant...
Rezension
Eine sehr gute Idee, einen Roman anzufangen: Erst die Umstände zu präsentieren und dann ihre Verkettung
aufzuzeigen, um zu beschreiben, wie es zu dem Unglück kam. Leider bleibt dies das beste an
dem Buch, der Rest ist eher mau. Für meinen Geschmack schwankt es zu sehr zwischen Drama und
den Anfängen eines recht unglaubwürdigen Krimis hin und her, ohne wirklich eines davon zu werden.
Halbherzig wird von Joops Gefühlen gesprochen oder wohl eher von seinen Gedanken, da ich mich ihm
auf emotionaler Ebene überhaupt nicht nähern konnte. Lag es vielleicht daran, dass er an der Tür
spannt, während seine Tochter duscht und so oft an ihren Körper denkt? Nur ein Beispiel: "Dann nahm
sie (Mirjam) den Becher in beide Hände und nippte mit halb geöffnetem Mund von dem Kaffee, mit geschürzten
Lippen, die eines Tages das Glied eines Mannes lutschen würden." Joop besitzt immerhin
den Anstand, sich wegen dieses Gedankens vor sich selbst zu ekeln, bedauert dann aber ein paar
Seiten weiter, dass er Mirjam nicht mehr baden und ihren Körper so berühren darf, wie er es getan hat,
als sie noch ein kleines Mädchen war. Ich würde verstehen, wenn er das Kuscheln von früher und die
damalige Intimität vermisst, die sich in eine "anständige Distanz" gewandelt hat. Was mir an Joop
nicht gefällt ist diese Reduzierung auf das Körperliche seiner Tochter - er überschreitet dabei moralische
und sittliche Grenzen, die ihn in meinen Augen unreif erscheinen lassen. Von unsympathisch ganz zu
schweigen. Das ist wohl der Grund, warum ich bei ihm keine Trauer sehen oder mit ihm Mitleid haben
kann, auch wenn viele Leser meinen, es gehe in diesem Roman um eben dieses Fertigwerden mit dem
Verlust. Ich finde nicht, dass de Winter das richtig rübergebracht hat, mir fehlte das Gefühl - ich sah nur
leere Worte.
Als Krimi taugt das Buch auch nicht viel, da es just in dem Moment aufhört, als die Sache ein wenig
aufregender zu werden begann. Ferner wirkte dieser Erzählstrang auf mich seltsam deplaziert, genau
wie die Gespräche zwischen Joop und seiner Cousine Linda über Reinkarnation. Ich fand sie forciert
und unpassend, als wolle der Autor sie unbedingt in den Roman hineinbringen und dem Leser "psychologische
Tiefe" vorgaukeln. Dabei haben die Figuren weder die Lebendigkeit noch die Natürlichkeit oder
Dreidimensionalität der Charaktere eines Ian McEwan, obgleich er sich sehr bemüht. Vielleicht ein
wenig zu sehr, da die Geschichte auf mich so künstlich wirkte wie die Handlung in den meisten
Hollywoodfilmen. Zudem hat sich der Autor wohl nicht entscheiden können, was er aus seinem Roman
machen soll. Herausgekommen ist letztlich nichts ganzes und nichts halbes.