Autor | Dieckmann, Guido |
Titel | Die Gewölbe des Doktor Hahnemann |
Originaltitel | |
Genre | Historisches |
Seiten | 473 |
Erscheinungsjahr | 2002 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Aufbau |
Wertung | |
Inhalt
In der sächsischen Stadt Meißen grassiert ein gefährliches Fieber, weshalb sich die betuchteren Bewohner in der
Albrechtsburg verschanzt haben und niemanden einlassen. Charlotte Rebus jedoch, die Tochter des ansässigen
Pastoren, scheint sich dennoch jede Nacht davonschleichen zu können. Gibt es einen geheimen Tunnel, der in die
Stadt führt? Samuel Hahnemann, Sohn eines Malers der Meißner Porzellanmanufaktur, gedenkt, eben dies
herauszufinden. Auch will er, gegen den Widerstand seines Vaters, unbedingt Arzt werden...
Rezension
Manch einem Leser wird die Sprache des Autoren ein wenig zu barock anmuten, doch mir gefällt gerade dies.
Wer den simplen, leicht zu überfliegenden Schreibstil bevorzugt, wie es bei den meisten Thrillern der Fall ist,
sollte sich eher nach einem anderen Buch umsehen. Trotz der teils schon mit Gefühl, Geruch und visuellen
Eindrücken überbordenden Satzgefüge ist Dieckmanns Werk jedoch sehr flüssig zu lesen. Dank seiner
Beschreibungen aber fühlt man sich mitten drin im Geschehen des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Den
Hintergrund der Geschichte finde ich darum rundum gelungen.
Was letzteres angeht allerdings, muss ich ein paar Worte der Kritik darüber verlieren. Erstens strotzt die Handlung
nur so vor unglaublichen Zufällen. Jahre später trifft Hahnemann in einem Irrenhaus auf eine alte Bekannte, zuvor
war es Cosmo, den er in einer verlassenen Hütte fand, das junge Mädchen Friederika in Leipzig oder Henriette
im Hause eines Apothekers usw. usw. Ob dies alles in der vorliegenden Form hätte ablaufen können, bezweifle
ich daher stark. Zweitens: Was Hahnemanns Gegenspieler, den Orden der Gorgonen angeht, so ist die Bedrohung,
die von diesem ausgeht, geradezu lachhaft. Das erweist sich bereits nach nur wenigen Kapiteln und wird sich
auch nie ändern. Die Gorgonen sollen über Leichen gehen und dennoch Hahnemann völlig unbehelligt lassen?!
40 Jahre lang das Versteck nicht gefunden zu haben, was einem kleinen Jungen fast auf Anhieb gelang? Drittens
schließlich betrifft die Homöopathie an sich, von dessen Heilwirkung ich noch immer nicht ganz überzeugt bin und
ich somit die Erfolge, die Hahnemann damit im Roman erzielt, eher skeptisch betrachte.
Was ich wiederum gut finde, ist die Tatsache, dass der Protagonist im Laufe seines Lebens auf mehrere Frauen
trifft und der Autor auf die übliche, kitschige Liebesgeschichte verzichtet hat. Hahnemann und Gattin haben
viele Gegensätze auszugleichen, Gefechte auszutragen und Schwierigkeiten zu überstehen. Es läuft nicht
einfach alles glatt, im Sinne von Held wird Arzt, heilt alle Leiden und wird berühmt und wohlhabend. Na gut,
jedenfalls klappt nicht alles auf Anhieb und somit war ich immer wieder gespannt darauf zu erfahren, wie es
weitergehen würde. Das lag nicht zuletzt an den glaubwürdigen Charakteren, die ihre Ecken und Kanten haben
und komplexerer Gefühle fähig sind als nur des Hasses und der Liebe, die in den meisten historischen Romanen
im Allgemeinen in fast inflationärem Umfang bemüht werden. Was die Authentizität angeht, gibt Dieckmann im
Nachwort an, das meiste frei erfunden zu haben. Auch über die damalige Zeit erfährt man leider recht wenig, so
dass sich dieses Buch vor allem auf den reinen Zeitvertreib konzentriert. Und das sehr erfolgreich.