Autor

Enquist, Per Olov

Titel

Der Besuch des Leibarztes

Originaltitel

Livläkarens Besök

Genre

Historisches

Seiten

371

Erscheinungsjahr

1999

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Hanser

Wertung

Inhalt

Johann Friedrich Struensee ist der Leibarzt des psychisch labilen Regenten im Dänemark des frühen 19. Jahrhunderts. Er verliebt sich zu allem Unglück in die Königin, lernt aber bald, dass er mehr Macht hat, als gedacht. Seine aufrührerischen Ideen zur Reformation des Königreichs setzt der findige Arzt per Dekret durch. Während König Christian VII. immer mehr aus der Wirklichkeit gleitet, muss sich Struensee bald mit der harten Realität konfrontiert sehen...

Rezension

Schlecht ist dieses Buch sicher nicht, aber ich finde nicht, daß der Autor die Gratwanderung zw. historischer Lehrstunde und Roman bewältigt hat. Beinahe dozierend wirkt es besonders zu Anfang mit diesen beständigen Wiederholungen, die auf mich so wirkten, als würde der Autor mir seinen Blickwinkel aufdrängen und mir meinen eigenen verstellen. Natürlich ist ein Roman nicht objektiv, aber die Rolle eines Autors sollte eher beschreibend sein, besonders wenn es sich dabei um nachweisbare Fakten und authentische Geschichte handelt, mit denen man gewisse Punkte in dem Buch widerlegen kann.
Als Roman ist der Text eher durchschnittlich, die Charakterisierung der Personen finde ich hölzern. Sie agieren wie leblose Puppen auf einer Bühne, ihr Gefühlsleben bleibt unerwähnt. Somit stand ich ihrem Schicksal eher emotionslos gegenüber. Die Königin schien mir kalt, beinahe berechnend, auf ihr eigenes Vergnügen bedacht, ohne Rücksicht auf die Folgen, sowohl für sich selbst als auch für die Menschen um sie herum, die sie zu lieben behauptet. Die Beziehung zu Struensee bleibt eine sexuelle, kaum eine Geste oder ein Wort, das die "Liebe" der beiden gezeigt hätte. Wo bleibt die große Liebesgeschichte, die ich beim Lesen des Schutzumschlages erwartet habe? Hier hätte ich mir vom Autor mehr Tiefe, Menschlichkeit der Figuren gewünscht. Einzig der König weckte in mir Mitleid ob seines Schicksals.
Dem Buch fehlt einfach die Wärme, um ein guter Roman zu sein und die Sachlichkeit, die eine Beschreibung von historischen Begebenheiten auszeichnet. Interessantes Thema, doch leider wurden viele gute Ansätze verschenkt.