Autor

Flanagan, Richard

Titel

Goulds Buch der Fische

Originaltitel

Gould's BOOK OF FISH. A Novel in Twelve Fish

Genre

Abenteuer

Seiten

461

Erscheinungsjahr

2001

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Berlin Verlag

Wertung

Inhalt

Der auf Tasmanien lebende Antiquitätenhändler Sid Hammet findet in einem alten Trödelladen "Das Buch der Fische". Darin enthalten sind Zeichnungen von Meeresbewohnern und die angeblich wahre Lebensgeschichte des Sträflings William Buelow, der sich später Gould nennen wird. Um der brutalen Arbeit im Lager zu entgehen, malt Gould für den hiesigen Arzt. Ab Seite 55 übernimmt er das Erzählen und für jeden Abschnitt benutzt er Farben, die ihm gerade zur Verfügung stehen...

Rezension

Da muss ich dem Berliner Verlag ein dickes Lob aussprechen - selten hielt ich ein solch schön gestaltetes Buch in Händen. Die vorliegende gebundene Ausgabe wartet auf mit bunten Fischen, matt glänzendem, dicken Papier und den oben erwähnten Farben, in denen jeder Abschnitt gedruckt ist. Es beginnt mit ordinärem schwarz, wechselt zu rostbraun (Blut), blau (Lapislazuli), grün (Laudanum), etc.
Nicht zuletzt aufgrund der wunderbaren Aufmachung hat man das Gefühl, Teil eines Märchens zu sein. Flanagans Worte sind pompös und prall von Eindrücken, die sich zu einem lebendigen Bild zusammensetzen. Doch die Idylle findet sein jähes Ende, als Gould nach Tasmanien deportiert wird. Der Autor schreibt fortan über den damals herrschenden Dreck und die Brutalität, überbordend mit den Farben und Gerüchen einer schrecklichen Welt, die man erst einmal verarbeiten muss, bevor man sich an das nächste Kapitel macht. Der Autor tischt einem dabei bisweilen sehr Unappetitliches auf und eine Grausamkeit, wie etwa die verschiedenen Arten der Folter, übertrifft die andere. Ferner kehrt man immer wieder zu seinem scheinbar liebsten Motiv zurück: Fäkalien. Wäre ich ein Anhänger der Freudschen Schule, würde ich behaupten, Flanagan stecke in der analen Phase fest. War ich anfangs demnach begeistert von dem barock anmutenden, collagenartigen Stil, wurde es mir irgendwann zuviel. Gould wird mehrfach inhaftiert, entkommt immer wieder, erlebt immer abstrusere Abenteuer. Oder erfindet er das alles, hat er Halluzinationen aufgrund all seiner Entbehrungen?
Flanagan hat sich voller Eifer ans Werk gemacht, obwohl er nach einer Weile seinen zu hoch gesteckten Zielen nicht mehr gerecht zu werden vermag. Er verliert sich zunehmend in immer größeren Absurditäten, Verrücktheiten und Widerlichkeiten. Je weiter der Roman fortschritt, desto mehr hatte ich das Gefühl, Flanagan wende sich von seinen Figuren ab und wolle mit all seinen Worten nur die Tatsache verdecken, dass er im Grunde nichts mehr zu sagen hat. So nahm meine Enttäuschung zu und ich hätte mir gewünscht, dass der Autor seinen Figuren mehr Profil gegeben hätte, statt sich in seinen Satzgebilden zu aalen. Sehr schade, da es vielversprechend anlief mit dem kauzigen Doktor, der nur in GROßBUCHSTABEN spricht oder dem Kommandeur mit seinen wahnwitzigen Bauten und Ideen. Im letzten Viertel wirken sie zunehmend hohl und das traf auch auf die Geschichte zu. Trotzdem finde ich, dass man sich dieses mit deutlicher Freude und Mühe zu Papier gebrachte Werk ansehen sollte, auch wenn es sich nach einer Weile im Kreise dreht und mit leicht schwülstigen Einsichten des Titelhelden schließt.
Eine kleine Kostprobe, um zu sehen, was ich mit barock meine? "Der Hauch des Todes lag in der Luft, die nach Hass und Schlägen roch, in der allgegenwärtigen tückischen Feuchtigkeit, die schon die Neubauten von innen zerfraß, sie sickerte aus den schwärenden Aftern der immer wieder Vergewaltigten. Tod schwebte in dem überreifen Aroma von gärendem Dreck und starrender Feindseligkeit, lauerte in vom Schwamm befallenen baufälligen Ziegelmauern, in dem heißen Dampf, der von dem rohen Fleisch der Gepeitschten aufstieg, in dem dumpfen Gestank von Schreien, die keiner hörte, im letzten Hauch des Gemordeten, gewürzt mit der widerlichen Brühe wortlosen Grauens, in all den Aromen von Angstschweiß, die sich sauer in dem Kleidern festsetzten und in ganzen Gebäuden und die aller Vergänglichkeit trotzten, und im Parfüm von vergossenem Blut, in diesem Geruch, von dem ich mich mit noch so viel Reinigung, innerlicher und äußerlicher, nie wieder befreien können werde."