Inhalt
Der Herbst steht vor der Tür und mit ihm der lange, eisige Winter im US-Bundesstaat Maine. Die Touristen sind
schon wieder abgezogen und zurück bleiben wie immer die Alteingesessenen. Die Ärztin Claire Elliot gehört
nicht dazu, ist sie doch erst vor ein paar Monaten in das kleine Städtchen Tranquility, mit etwas über 900 Seelen,
gezogen. Die meisten Einwohner haben bisher kein Vertrauen zu der Frau gefasst und darum glaubt ihr auch
niemand, als sie die immer häufiger auftretenden Gewatltätigkeiten von Jugendlichen genauer unter die Lupe
nimmt und sie mit einer physiologischen Ursache zu erklären versucht. Und Claire hat guten Grund dazu, sich
mit ihrer Untersuchung zu beeilen, beginnt doch auch ihr Sohn Noah sich zu verändern...
Rezension
Erstaunlicherweise hat mir dieser Thriller auf Anhieb gefallen, obwohl ich skeptisch war angesichts der wahren
Flut an Autorinnen in diesem Genre, welches nur allzuoft mit Klischees überfrachtet einem zur Genüge bekannten
Plit folgt, um in einem hanebüchenen Finale zu (ver)enden. Um Stereotype kommt Gerritsen leider auch nicht herum
und bastelt eine vorhersehbare Liebesgeschichte zwischen der omnipotent erscheinenden Ärztin und - aber
darauf kommt jeder Leser selbst sehr schnell. Natürlich ist Claire engagiert und scheint unter all dem medizinischen
Personal eine der wenigen kompetenten Fachleute zu sein, die jeden Notfall mit ein paar Handgriffen entschärfen
können. "Wonderwoman" Claire und die meisten anderen Personen sind aber alle sehr nett und haben sogar ein
recht gutes Profil verpasst bekommen, da sie eine Geschichte haben, eigene Sorgen und Probleme neben der
dringlichen Aufgabe, die Gewaltausbrüche zu untersuchen, zu bewältigen haben. Gerritsen lässt einem bei dieser
fieberhaften Suche nach Erklärungen kaum die Zeit, Atem zu schöpfen und schafft es somit, ihren Roman kompakt
zu halten. Mir waren es vielleicht ein wenig zu viele Theorien, die Claire dabei aufstellt und eine klingt fantastischer
als die andere. Was Wunder, wenn ihr niemand glaubt? Die Auflösung ist schließlich reichlich seltsam,
aber so schlimm nun auch wieder nicht. Gerritsen, selbst jahrelang praktizierende Ärztin, unterfüttert ihre Geschichte
nämlich mit reichlich Fachterminologie und gab mir somit das Gefühl, echten Doktoren bei der Arbeit zuzusehen.
Zimperlich darf man da als Leser natürlich nicht sein, werden doch Frösche seziert und Adern abgeklemmt.
Nach langer "Frauenthriller"-Abstinenz habe ich es also wieder gewagt, einen solchen Roman zur Hand
zu nehmen und habe es nicht bereut. Es mag zu simpel sein, die Gründe für gewalttätiges Verhalten nur in biologischen
Ursachen zu suchen, aber gerade das Gefühl der Bedrohung wird sehr deutlich, da man meint, es
könne wirklich jeden treffen. Darum von mir die Note zwei für "Bloodstream", welches auf deutsch übrigens
"Trügerische Ruhe" heißt, sich aber auf englisch sehr gut lesen lässt.