Autor

Krausser, Helmut

Titel

Schmerznovelle

Originaltitel

Genre

Drama

Seiten

143

Erscheinungsjahr

2001

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Rowohlt

Wertung

Inhalt

Der Ich-Erzähler ist auf Besuch bei seinem Doktorvater Fritz Kappler und wird auf einer Party des öfteren auf das Ehepaar Palm aufmerksam gemacht. Daher beschließt er, sie aufzusuchen, trifft aber nur Johanna Palm an. Er ist fasziniert von der schönen Vierzigjährigen und verstrickt sich mit ihr in eine Beziehung, in der sie sich gegenseitig zu zerstören drohen...

Rezension

Die Novelle ist in viele kleine Kapitel geteilt, die durch Überschriften gekennzeichnet sind. In den wenigen Seiten entspinnt sich dabei eine heftig verlaufende Tour de force von Sadismus und Masochismus. Das Pärchen ist nun wirklich nicht als normal zu bezeichnen und der Erzähler müsste es als Psychologe eigentlich besser wissen als sich da mit hineinziehen zu lassen. In dieser Hinsicht beweist er weder Klugheit noch Verantwortungsgefühl, da Johanna eigentlich nichts für ihr Verhalten kann und der Ich-Erzähler sie im Grunde genommen ausnutzt. Somit gibt es hier weder nette noch geistig gesunde Menschen, alle sind so von sich selbst eingenommen, dass sie die Gefühle der anderen nur am Rande interessieren. Dennoch oder gerade deshalb ist das Buch faszinierend, vor allem aufgrund der ungewöhnlichen Erzählweise, die bruchstückhaft bleibt. Darzuweilen ist man verwirrt, wer denn nun gerade spricht oder wer gemeint ist. Das Buch stellt somit sozusagen eine Gedächtnisleistung des Erzählers dar, die dadurch zwangsläufig etwas lückenhaft erscheinen kann. Dieses Puzzlespiel macht die Lektüre umso lohnender, zumal die Hauptfigur zu interessanten Einsichten gelangt, die für meinen Geschmack durch die ein wenig zu starke sexuelle Fixierung getrübt werden. Die Personen sprechen in einer obszönen, überhaupt nicht romantischen Art und Weise über eines der intimsten Dinge, die zwei Menschen miteinander teilen können. Bei ihnen jedoch ist es ein Mittel, sich gegenseitig auf Distanz zu halten und mit dem Erzähler rätselt auch der Leser über mögliche Motive und Tatsachen, die vielleicht gar keine sind.
Insofern bleibt alles in der Schwebe und man macht sich noch einmal an die Lektüre, um diesmal eventuell besser zu verstehen. Davon hält mich selbst der verbitterte Ton, die nicht sehr schmeichelhaften, dunklen Abgründe der Figuren und deren flüchtig bleibende Charakterisierung nicht ab. Der Autor lässt dem Leser Raum und Lücken, die er mit seiner Fantasie und seinen Überlegungen füllen kann.