Autor | Krúdy, Gyula |
Titel | Die rote Postkutsche |
Originaltitel | A vörös postakocsi |
Genre | Historisches |
Seiten | 428 |
Erscheinungsjahr | 1913 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Zsolnay |
Wertung | |
Inhalt
Sie mischen mit ihren spitzzüngigen Bemerkungen die Pormenade von Buda auf und machen sich auf diese
Weise schnell unbeliebt - Szilvia Fátyol, Operettensängerin und Klára Horváth, vom dramatischen Fach. Von den Bühnen der Provinz in die Großstadt gezogen, sind sie mal wieder in Geldnot. Drum laden sie Szilvias kroatische
und schwerreiche Tante zu sich ein, die sich wie stets ihrer erbarmt. Gemeinsam gehen sie ins Theater - eine
Leidenschaft der fünfzigjährigen Gönnerin - und treffen dort auf den umtriebigen Eduárd Alvinczi, der sich in
einer roten Postkutsche chauffieren lässt...
Rezension
Zunächst einmal musste ich mich abfinden mit der Tatsache, dass die Protagonisten nicht nur Müßiggänger sind,
sondern auch noch einer Verwandten das Geld aus der Tasche ziehen, um nicht selbst arbeiten zu müssen.
Dennoch besaßen die beiden jungen Damen - trotz fehlenden Einkommens beschäftigen sie eine Reinigungskraft -
einen gewissen sorglosen Charme, träumen sie doch von der großen Liebe. Was ich nicht ganz verstanden habe
ist die Tatsache, dass die beiden voneinander so vieles nicht wissen, obwohl sie seit Jahren zusammenleben.
Wie kann Szilvia ihre Verliebtheit vor ihrer Freundin verbergen?
Jedenfalls spult sich das Geschäker mit Alvinczi recht gemächlich vor den Augen des Lesers ab, ohne sich groß
darum zu kümmern, ob dieser überhaupt alle Details wissen will. Die Zeit vergeht mit müßigem Geplauder, einander
zugeworfenen Blicken und der Betrachtung von Damenbeinen. Nicht mehr und nicht weniger als das, was eine
dieser Schmonzetten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bietet, würde ich behaupten, ohne letztere wirklich zu
kennen. Wobei dieses Buch sicher mehr Ironie bietet, die Krúdy leider viel zu selten anbringt. Auch sein Ton ist
munter, wenn auch verschwendet an die zuvor erwähnten Belanglosigkeiten. Eine Ausbreitung der Protagonistenseelen á la Gontscharow ("Oblomow") oder Clarín ("Die Präsidentin") sucht man hier vergebens.
Ein Wort noch an den Übersetzer: Was soll das heißen, "über die Schnur zu hauen"? "Über die Stränge schlagen"
erscheint mir sinnvoller. Ein paarmal klingt das Deutsch des Herrn György Sebestyén ähnlich holprig wie in diesem
Beispiel. Ansonsten hat er die schwärmerische ungarische Vorlage sehr gut übersetzt, möchte ich meinen. Nutzt
aber nicht viel, wenn der Inhalt dermaßen nett, aber behäbig ist und Krúdy es nicht vermag, anhaltendes Interesse
an den Leuten darin und deren weiteres Schicksal in mir zu wecken.