Autor

Mulisch, Harry

Titel

Die Prozedur

Originaltitel

De Procedure

Genre

Drama

Seiten

268

Erscheinungsjahr

1998

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Hanser

Wertung

Inhalt

Die Handlung spielt sich auf drei verschiedenen Ebenen ab. In den ersten Kapiteln wendet sich der Autor direkt an den Leser, dann schwenkt er um auf Rabbi Löw, dem es im Prag des 16. Jahrhunderts angeblich gelang, auf Geheiß des Kaisers Rudolph einen Golem zu erschaffen. 3/4 des Buches widmet sich aber vor allen Dingen dem Chemiker Victor Werker, der sich auf Mikrobiologie spezialisiert hat, es aber nicht schafft, Freundin und Tochter zu halten. Es ist über ein Jahr her, doch Victor hat immer noch mit dem Verlust zu kämpfen, schreibt Briefe an seine Tochter Aurora, um mit ihr seine Gedanken zu teilen und sich zu erklären. Er hofft, dass seine ehemalige Lebensgefährtin Clara, die Mutter seines Kindes, dies alles liest und ihm vergibt...

Rezension

Zugegeben, der Anfang des Romans erscheint seltsam, doch ist er dazu gedacht, wie der Autor augenzwinkernd anmerkt, 'ungeeignete' Leser auszusortieren, also quasi die Spreu vom Weizen zu trennen. Diejenigen, die dann noch übrig sind, erwartet eine sehr intensive, tieftraurige Geschichte über einen Wissenschaftler auf dem Gipfel seines Erfolgs, dessen Einsamkeit und Sehnsucht deutlich spürbar wird. Eine intelligente, originelle und sehr lebendige Lektüre, die ich bereits zum zweiten Mal genossen habe. Was mir noch daran gefällt? Mulisch ist irgendwie unkonventionell, er spricht in den ersten Kapiteln den Leser direkt an, erklärt das hebräische Alephbet und wechselt auf einmal zum Historienroman. Dann wird das Ganze zum Briefroman aus Sicht von Werker. Schließlich die Perspektive aus dritter Person - der Autor scheint mit dem Leser zu spielen. Ich war begeistert, mitten drin in dem Sturm der Gefühle, der in Werker tobt. Ich konnte ihn gut verstehen, seine Schuldgefühle nachvollziehen, aber auch Claras Wahl akzeptieren. Mulisch hat mich schlicht beeindruckt, nicht zuletzt mit dem Anspruch, den er an Buch und Leser stellt, während das ganze doch flüssig zu lesen bleibt und sich der Autor nicht allzu ernst nimmt. Hochinteressant der Vergleich zwischen den großen und guten Schriftstellern; solchen, die Sätze schreiben und den anderen, die Geschichten erzählen. Ich werde mit Sicherheit mehr von Mulischs Werken lesen!