Autor | Soyener, Johannes K. |
Titel | Teeclipper |
Originaltitel | |
Genre | Historisches / Abenteuer |
Seiten | 829 |
Erscheinungsjahr | 1998 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Bastei Lübbe |
Wertung | |
Inhalt
Der schottische Clan der Mackays würde ebenso wie all die anderen Familien unter dem Joch der Engländer
hungern, wenn er nicht eine einträgliche Einnahmequelle in dem illegalen Brennen von Whiskey gefunden hätte.
Allerdings ruft der relative Reichtum Neider auf den Plan, die ebenfalls vom Schmuggel profitieren wollen und den
Mackays das Leben derart schwer machen, dass diese gezwungen sind, 1833 nach England zu fliehen. Dort
wird Magnus, das Oberhaupt der Familie, zum erfolgreichen Börsenspekulanten, während seine beiden jüngsten
Söhne auf Schiffen anheuern…
Rezension
So weit die Handlung der ersten Hälfte des beachtliche Ausmaße aufweisenden historischen Schinkens. Woher
allerdings der Titel kommt, war bis auf etwa Seite 600 völlig unklar. Daher weckt der Klappentext falsche Erwartungen oder jedenfalls welche, die erst sehr spät eingelöst werden. Zu allem Übel hat der Autor eine sehr sperrige
Art und Weise gewählt, in seine Geschichte einzuführen. Man wird mit Fachbegriffen aus der Börsenwelt regelrecht zugeschüttet und liest trockene Gespräche über Aktien und deren Kurse. Da war ich drauf und dran, die
Lektüre abzubrechen, wollte Soyener aber noch eine Chance geben. Die nutzte er nach 50 Seiten und malt in
bunten Farben eine Welt, in der es Abenteuer zu bestehen gibt und die Gefahr für Leib und Leben real ist.
Der Roman an sich ist in sechzehn Kapitel unterteilt, die alle einen bestimmten Zeitabschnitt im Leben der Mackays
umfassen. Zumeist fügen sie sich nahtlos aneinander, es gibt aber auch einige Sprünge, wobei nur wenige Jahre
in der Erzählung fehlen. Im vorderen Teil des Buches gibt es eine Aufstellung aller Beteiligten, sortiert nach den
Orten, an denen sie anzutreffen sind, zum Beispiel die Mitglieder eines Clubs oder die Besatzung eines Zollkutters.
Sehr hilfreich, obwohl ich erstaunlicherweise keinerlei Schwierigkeiten damit hatte, mir die Namen zu merken.
Eventuell lag das daran, dass nicht gleich zu Beginn ein Haufen Darsteller die Bühne betritt, sondern das sie schön
der Reihe nach eingeführt werden. Darüber hinaus findet man ganz hinten im Roman drei Landkarten; eine von
Schottland, eine mit der Route durch das südchinesische Meer und eine mit den See- und Handelswegen im 19.
Jahrhundert.
Bis die Seekarten zum Einsatz kommen, dauert es leider eine ganze Weile, obwohl ich erwartet hatte, einen
Roman lesen zu können, der vornehmlich auf dem Wasser spielt. Pustekuchen. Es wurde immer zäher auf dem
Land und vor allem die Zeit in London hat meinem Lesewillen den Garaus gemacht. Ich hätte sicher länger durchgehalten, wenn ich nur eine Figur gefunden hätte, die ich gemocht hätte. Zu meinem Bedauern gab es hier lediglich
Männer zu bestaunen, die ihre Kinder schlugen (Magnus Mackay), Menschen foltern (Kenneth Mackay) oder am
Rockzipfel ihrer Mutter hängen (Angus Mackay). Frauen dürfen wie Hitchcock auch mal durch's Bild huschen,
kochen, den Tisch decken oder das Lager mit einem der Männer teilen. Tja, bei den edlen und mutigen Mackays
bleibt selbst einem brutalen Schmuggler der Mund vor Staunen offen stehen. Außerdem scheint dieser Familie
alles zu glücken, was sie anfassen. Rückschläge müssen sie kaum hinnehmen und wenn, dann ist das Problem
im nächsten Moment bereits gelöst. Ferner greifen selbst sie zu solch abscheulichen Taten von Gewalt (Kenneth),
dass es mir den Magen umdrehte. Meinetwegen hätte Soyener sich die widerlichen Beschreibungen etwa eines
zerfleischten Armes ruhig sparen können.
Die Details bei der Recherche über die damalige Zeit wiederum machen das Bild des 19. Jahrhunderts perfekt.
Ob es gälische Ausdrücke sind, welche die Schotten benutzen, Fachbegriffe aus dem Prozess des Whiskeybrennens oder die Zurufe einer Schiffsmannschaft, die über Deck hallen - der Autor hat sich mächtig ins Zeug
gelegt, um authentisch zu wirken. Davor ziehe ich meinen Hut. Wären da nicht die breits erwähnten unleidigen
Figuren, mit denen ich nie warm werden konnte, hätte "Teeclipper" sicherlich zu den guten Büchern gehört. Mit
diesem Manko jedoch und der Langatmigkeit, mit der erzhält wird, bis es nach 600 Seiten endlich zu dem versprochenen Rennen der Schiffe von Hong Kong nach London kommt, bleibt Soyeners Werk leider nur "nett".