Autor

Tan, Amy

Titel

Das Tuschezeichen

Originaltitel

The Bonesetter's Daughter

Genre

Drama

Seiten

447

Erscheinungsjahr

2001

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Goldmann (Teil v. Random House)

Website des Autors

www.amytan.net

Wertung

Inhalt

Das Verhältnis zwischen Ruth Young und ihrer Mutter LuLing ist nicht das herzlichste und auch mit ihrem Lebensgefährten Art hat sie sich auseinandergelebt. Nun jedoch bedarf ihre Mutter immer mehr ihrer Hilfe, da sie Anzeichen einer Altersdemenz zu entwickeln scheint. LuLing behauptet zum Beispiel beim Arzt, fünf Jahre älter zu sein als in ihrem Pass steht und auf einer Familienfeier zeigt sie ein Photo ihres Kindermädchens und behauptet, das sei ihre Mutter. Doch ist das tatsächlich nur ein Nachlassen ihrer geistigen Funktionen? Ruth hat Zweifel und rafft sich endlich dazu auf, die auf chinesisch verfasste Lebensgeschichte LuLings zu lesen, die diese ihr bereits vor Jahren anvertraut hatte und den Titel "Wahrheit" trägt...

Rezension

Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass mir dieses Buch so gefallen würde. Schließlich behandelt es ernste Themen wie das Mutter-Tochter-Verhältnis, die eigenen kulturellen und familiären Wurzeln, die eigene Identität, ohne die wir nicht wissen, wo wir eigentlich hingehören. Amy Tan beschreibt diese Suche nach sich selbst sehr einfühlsam und gefühlvoll und mir standen mehr als einmal Tränen in den Augen, so echt beschreibt sie. Ich war richtiggehend gefesselt von der menschlichen Tragödie, die sich vor meinen Augen entfaltete und konnte sehr gut den Zwiespalt nachvollziehen, in dem die beiden Frauen steckten. V.a. die Mutter erlebte ich sehr ambivalent, die ich dann aber verstehen lernte als ich ihre ganze Geschichte erfuhr, die den größten Teil dieses Romans ausmacht. Da merkt man mal wieder, wie voreingenommen man auf jemanden reagiert, ohne seine Hintergründe zu kennen. Die Charaktere hier sind aber sehr vielschichtig und stimmig, aufgelockert wird das ganze durch einen leisen Anflug von Humor, den man nach all der Dramatik sehr zu schätzen weiß.
Das einzige Manko, für mich aber der Knackpunkt bei einem Roman, ist für mich die Tatsache, dass ich mich mit niemandem so recht identifizieren konnte. Das Mitleid war da, aber es blieb eine gewisse Distanz, vielleicht weil ich mich von dem ganzen problematischen Verhalten abgrenzen wollte? Es könnte aber auch sein, dass es zuviele schlechte Menschen gab und zuviel schlimmes passiert und mir die chinesische Mentalität immer noch ein Rätsel ist. Ach ja, es gibt doch noch einen zweiten kleinen Fehler, den dieses Buch für mich hat und ihm den Aufstieg in den Olymp verwehrt: Das klebrig-süße Ende fand ich allzu amerikanisch und passte nicht so recht zum sonstigen Ton des Romans. Aber schließlich ist Tan Amerikanerin. Oder eine amerikanische Chinesin?