Autor | Giroud, Francoise |
Titel | Alma Mahler oder die Kunst, geliebt zu werden |
Originaltitel | Alma Mahler ou l'art d'être aimée |
Genre | Biographie |
Seiten | 203 |
Erscheinungsjahr | 1988 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | Big Alma (TV, 2007) |
Verlag | dtv |
Wertung | |
Inhalt
Seit ihrer Jugend hat Alma selbst Stücke komponiert und sich mit Künstlern wie Gustav Klimt oder eben Gustav
Mahler umgeben, der nicht der einzige war, der um ihre Hand anhielt. Allein Mahler besaß für ihren Geschmack
ausreichend Größe und Begabung, obwohl seine Werke ihren Beifall zeitlebens nicht finden sollten. Die beiden
heiraten dennoch, er 20 Jahre älter und kränklich, sie in der Blüte ihrer Jahre. Alma gibt für ihren Gatten alles auf,
sogar ihre Kunst; dreht aber nach langer Zeit des Leidens den Spieß um...
Rezension
Alma Mahler war eine willensstarke und ruhmsüchtige Frau, die nachträglich Briefe veränderte, die sie erhalten
hatte und die Eintragungen in ihrem Tagebuch umschrieb. Ich mochte sie nicht sonderlich. Sie spielt mit den
Gefühlen der Männer, die ihr ehrlich zugetan zu sein scheinen und macht sich erst gar nicht die Mühe, freundlich zu
denjenigen zu sein, die ihr 'nichts nutzen'. Giroud liefert diesbezüglich widersprüchliche Informationen, da sie des
öfteren hervorhebt, wie unabhängig und selbstbewusst Alma war, um ein paar Seiten später zu behaupten,
letztere wäre zu schüchtern gewesen, in Gesellschaft das Wort zu erheben. Mir war nicht ersichtlich, ob die Dame
eine Entwicklung durchmacht und Giroud daher von verschiedenen Lebensabschnitten spricht oder sich schlicht
und ergreifend irrt. Girouds Buch war ein wenig unklar in dieser Hinsicht.
Der Autorin ist anzumerken, dass sie Alma Mahler bewundert, da sie oft in geradezu überschwängliche Begeisterung
verfällt, wenn sie über diese historische Figur spricht und all deren tolle Eigenschaften aufzählt. Erst später
schleicht sich ein leiser, kritischer Ton in die Biographie, der Alma als berechnend und egozentrisch entlarvt.
Ansonsten werden die Jahre sehr gemächlich abgespult und viele für mich öde Begegnungen und Gespräche zitiert.
Erhellend hingegen der Brief Mahlers an seine Frau, der haargenau das wiedergibt, was ich in ihr gesehen hatte.
Giroud jedoch geißelt Mahler dafür und wirft ihm vor, seine Frau verkannt zu haben. Dann habe ich es auch und es
tut mir leid, dass ich Alma dennoch keine Zuneigung entgegenzubringen vermag. Ich stimme der Autorin allerdings
zu, dass Mahler ungeheuerliches verlangt, wenn er schreibt, "du musst dich mir bedingungslos zu Eigen geben",
die Musik sein lassen und seine fortan als die ihre ansehen. Giroud spricht gar von Versklavung und weit davon
entfernt ist dieses Gebaren sicher nicht. Hier wird wieder einmal deutlich, dass diese Biographie stark von Girouds
Ansichten und Emotionen gefärbt ist und wie einseitig ihre Sympathien verteilt sind.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die Autorin sich teilweise keine sonderliche Mühe mit der Wortwahl gemacht
hat: "[...] aber mit Rücksicht auf ihre Ehre nicht zu geben wagten. Wo wäre dann ihre Ehre geblieben? Eine ehrbare
Frau [...]". Von anderen Rezensenten ist gar zu erfahren, dass sie es auch mit ihren Recherchen nicht sonderlich
genau nimmt. So führte Freud die Konzepte des Eros und Thanatos erst später in der Psychoanalyse ein, als im
Buch behauptet und der Thronfolger Franz Ferdinand wurde nicht am 22., sondern am 28. Juni 1914 ermordet.
Ferner war Karl Kraus kein eingefleischter Sozialdemokrat, wie Giroud meint. Und auch wenn dies manche Leser
nur als Nichtigkeiten ansehen, muss ich mich fragen, inwieweit die anderen erwähnten Fakten wirklich solche sind.
Von mir also nur eine halbe Stimme für diese Biographie, da sie mir zuviel Leerlauf hat und über eine Frau handelt,
mit der ich nicht recht warm werden konnte. Warum heiratet eine Antisemitin wie sie mit Mahler und Werfel zwei
Juden? War ihre Geltungssucht größer? Oder ist es, wie Giroud meint, die Überlegenheit, die Alma den Juden
gegenüber fühlt mit ihrem Glanz des Christentums"? Gleichzeitig wiegelt die Autorin ab: "Ihr Antisemitismus war kein
durchgängiger Charakterzug." Schön. Meine Abneigung gegen Alma war es auch nicht, doch genug, um nach der
Lektüre keinen weiteren Gedanken mehr an diese Frau zu verschwenden.