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Die durch ihre zahlreichen Selbstportraits bekannt gewordene, mexikanische Künstlerin, hat in ihren Bildern die
grausamen Verletzungen zu verarbeiten versucht, die von einem Unfall in jungen Jahren herrührten. Frida Kahlo
lebte von 1907 bis 1954 und war zweimal mit dem Maler Diego Rivera verheiratet. Sie war leidenschaftliche
Anhängerin der kommunistischen Partei, förderte den Nachwuchs durch ihre Lehrtätigkeit und versuchte, die
Tradition ihres Volkes aufrecht zu erhalten...
Rezension
Selbst künstlerisch tätig, kannte Tibol die berühmte Malerin persönlich und zeichnete einige Gespräche mit ihr auf.
Darüber hinaus sind Zitate aus Frida Kahlos Briefen eingefügt, die deutlich den Schmerz und die Verzweiflung
spüren lassen, welche die Verfasserin hat durchleiden müssen. Noch erschreckender, da völlig sachlich und
leidenschaftslos, fand ich die Aufzeichnungen der Ärzte, die Krankengeschichte ihrer Patientin. Da fragt man sich
unwillkürlich, ob man selbst das alles ausgehalten hätte. Leicht kann es nicht gewesen sein für Kahlo, da sie
wohl unter Depressionen litt und dem Alkohol nicht abgeneigt war. Das Wörtchen „wohl“ verwende ich wohlweislich deshalb, weil es Tibol auf den 140 Seiten nicht schafft, mehr als nur die gröbsten biographischen Fakten
aus ihrem Wissensfundus herauszuquetschen. Da habe ich aus dem Hollywoodfilm „Frida“ mit Selma Hayek mehr
über die Malerin erfahren als bei vorliegender, so genannter Biographie. Das fand ich äußerst ärgerlich, zumal
Tibol sich immerhin die Mühe gemacht hat, Photographien und Abbildungen der Gemälde Kahlos in ihr Buch zu
packen, allerdings nie Bezug darauf nimmt. Bilder werden erwähnt, aber oft nicht diejenigen, die man vorliegen
hat und suchen darf man diese angesprochenen Gemälde sowieso selbst.
Löblich hingegen der Versuch, dem Leser einen Überblick über die damalige mexikanische Kunstszene und deren
Entwicklung zu verschaffen. Leider erfuhr man alsbald mehr über Ausstellungen und kommunistische Strömungen
als über die Kahlo. Objektiv kann man Tibols Betrachtungen sowieso nicht nennen, merkt man doch sehr früh, dass
sie eine grenzenlose Bewunderin der Malerin und deren Mannes, generell der Künstler Mexikos ist. Das Recht, das
ungleiche Paar angemessen zu würdigen, will ich ihr auch gar nicht absprechen. Allerdings erfährt man rein gar
nichts über den Empfang, den die Landsleute Kahlos ihr und ihren Werken bereitet haben. In einem Nebensatz
erwähnt Tibol zwar die Heirat von Kahlo und Rivera, ein paar Seiten später die Scheidung oder den Humor, den
die Künstlerin besaß. Inwiefern? Wo bleiben die Beispiele? Wie kann ich ein Leben nachvollziehen, über das in
nur wenigen Passagen überhaupt etwas berichtet wird? Würde ich mal nachsehen, enthielte Wikipedia wahrscheinlich mehr Informationen als das komplette Werk Tibols.
Irgendwie komme ich mir veräppelt vor, da auf dem Einband vermerkt ist, dieser „Band stelle Leben und Werk der
mexikanischen Künstlerin vor und trage dazu bei, dem Leser die Welt der Bilder Kahlos zu erschließen“. Alles, was
ich über die werte Dame weiß, habe ich aus dem Kino, auch nach der Lektüre dieses Buches. Der Film krankte
ein wenig daran, zu viel in eine zu kurze Zeitspanne packen zu wollen. Bei Tibol ist es genau andersherum und
darum nicht wirklich zu empfehlen.