Autor

Brillat-Savarin, Jean Anthèlme

Titel

Physiologie des Geschmacks oder Betrachtungen über das höhere Tafelvergnügen

Originaltitel

Physiologie du goût

Genre

Sachbuch

Seiten

221

Erscheinungsjahr

1825

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Insel (Teil v. Suhrkamp)

Wertung

Inhalt

Brillat-Savarin ist ein Feinschmecker, wie er im Buche steht und anstatt seine Memoiren zu verfassen - er starb ein Jahr nach dem Erscheinen des vorliegenden Werkes - widmete er sich den Betrachtungen des gustatorischen Genusses. Er erzählt kleine Anekdoten aus seinem Leben, Gerüchte und Geschichten, die er vernommen und Gerichte, von denen er gekostet hat. Zuweilen flicht er ein Rezept ein und erwähnt einige seiner Zeitgenossen, die meisten nicht namentlich, die in der damaligen Pariser Gesellschaft sicher schnell erkannt wurden...

Rezension

Ich musste mich erst hineinlesen in dieses Gourmetbüchlein, da der Stil für die heutige Zeit doch sehr ungewohnt ist. Brillat-Savarin drückt sich manchmal etwas umständlich aus, vermochte mich jedoch sehr bald mit seinem heiteren, beschwingten Ton auf's angenehmste zu unterhalten. Bei manchen seiner Anekdoten musste ich schmunzeln, andere wiederum überflog ich geschwind, da ich der seitenlangen Beschreibung einer schönen Dame nicht sonderlich viel abgewinnen konnte. Rezepte gibt es sehr wenige, leider, da der Verfasser die meiste Zeit davon schwärmt, wie schmackhaft man Hase, Wachtel oder Trüffel zubereiten könne und umreißt kurz, wie die verschiedenen kulinarischen Genüsse Einzug in die europäische und vor allem französische Küche gehalten haben. Es gibt Textstellen, da läuft einem das Wasser im Munde zusammen, etwa die Huldigung an den Kaffee (nebst Zubereitungsempfehlung) oder die Freude des Autors an Schokolade und all den anderen vor nicht allzu langer Zeit noch exotischen Nahrungsmitteln. Man erfährt viel darüber, wie damals in den gehobeneren Schichten gespeist wurde und wie die verschiedenen Gerichte nach Meinung des Professors auf den Körper wirken. Bereits damals war bekannt, dass Kaffee nicht nur anregende, sondern auch süchtigmachende Wirkstoffe enthält. Der Titel mag etwas hoch gegriffen sein, doch konnte ich durch das Lesen selten so wunderbar gleichzeitig zwei meiner Leidenschaften frönen und darüber auch die Kapitel verschmerzen, die mir weniger zusagten. Einen letzten Tadel noch an den Verlag, der es versäumt hat, die vielen lateinischen Sprüche zu übersetzen, bei denen auch ich mich trotz kleinen Latinums schwertat.
Brillat-Savarin erweist sich als gelehrter Mann, dessen gelegentliche Exkurse in die griechische Mythologie und Philosophie mein heutiges Allgemeinwissen bei weitem übertraf. Ergo eine Empfehlung meinerseits für solche, die gerne kochen und / oder essen und heitere Anekdoten aus dem 19. Jahrhundert zu diesem Thema lesen möchten.