Inhalt
Sein Tagebuch beginnt der in Uruguay geborene und mit acht Jahren nach Großbritannien und somit ins Land
seines Vaters zurückgekehrte Logan Mountsturart mit fünfzehn. Sind es noch jugendlich überschwängliche
Gedanken und Gefühle, die er mitteilt, begleitet man ihn später durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs, die Höhen
und Tiefen mehrerer Ehen und seinen Werdegang als Oxfordstudent, Spion, Schriftsteller und Galerist. Im Laufe
dieses bewegten Lebens trifft Logan auf berühmte Persönlichkeiten wie Virginia Woolfe, Ian Fleming und Pablo
Picasso und hält mit seiner Meinung über ebendiese nicht hinterm Berg...
Rezension
„Eines Menschen Herz“ ist eines dieser seltenen Glanzstücke amerikanischer Gegenwartsliteratur. Es gibt
absolut nichts, was ich hieran vermisse oder ändern würde. Boyd erzählt aus der Sicht Logans auf eine Art
und Weise, die das Geschehen sehr lebensecht wirken lässt. Man begleitet den jungen Mann durch gute und
schlechte Zeiten und nie wirkt das Erlebte unglaubwürdig oder gar hölzern. Mit ein Grund dafür ist sicherlich die
Tatsache, dass Logan nicht nur positive Charakterzüge angedichtet werden, sondern auch niederträchtiges
Verhalten. So hintergeht und belügt Logan einen seiner besten Freunde über Wochen hinweg, später gar
nochmals und selbst seine eigene Ehe hält ihn nicht davon ab, sich mit anderen Frauen einzulassen.
Damit wären wir schon beim nächsten Pluspunkt: Es gibt nicht nur die eine, die des Erzählers Herz erobert,
sondern je nach Lebensphase unterschiedliche Frauen, die ihn faszinieren und zu fesseln verstehen. Manche
davon trifft er später wieder, überrascht davon, welchen Geschmack er damals hatte und wem er tatsächlich
hinterhertrauert.
Womit bereits das nächste Lob angedeutet wäre, die charakterliche (Weiter)Entwicklung und Reifung des
Protagonisten, dessen komplettes Seelenleben vor einem ausgebreitet wird. Logan verändert sich, wird
erwachsen und lässt dennoch bis zum Schluss erkennen, dass er im Kern immer noch derselbe ist. Wo andere
Schriftsteller lediglich einen Abschnitt im Leben ihrer Figuren umreißen und zumeist nur die erste Phase des
Verliebtseins in eine Frau präsentiert wird, spart Boyd selbst Ehebruch, Streitereien und den Tod nicht aus.
Beinahe nebenbei erfährt man auch einiges über die Zeitgeschichte, macht Logan doch den Zweiten Weltkrieg
durch und wird – hochaktuell durch die Debatte über die Freilassung Christian Klars – in die Machenschaften
der RAF hineingezogen. Seiner Meinung über die Geschehnisse lässt Logan/Boyd glücklicherweise freien Lauf
und so wird die packende, intensive und zuweilen humorvolle Geschichte um einiges interessanter und echter.
Das Gefühl, sich inmitten des Geschehens zu bewegen fand leider, wie bei jedem Buch, irgendwann sein Ende
und lässt mir keine andere Wahl als die, mir das nächste Werk von Boyd zu besorgen und „Eines Menschen
Herz“ - was kitschig klingt, es aber absolut nicht ist – wärmstens zu empfehlen. (Januar 2008)
