Autor | Dempf, Peter |
Titel | Das Geheimnis des Hieronymus Bosch |
Originaltitel | |
Genre | Historisches |
Seiten | 416 |
Erscheinungsjahr | 1999 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Goldmann (Teil v. Randomhouse) |
Wertung | |
Inhalt
Es ist offensichtlich ein Verrückter, der die Säure auf dem berühmtesten Bilde Boschs, dem Tryptichon "Der
Garten der Lüste", verspritzt. Jedenfalls ist Michael Keie dieser Meinung, der als Restaurator in den Prado gerufen
wurde, um die Schäden zu beheben. Sein Kollege Antonio de Nebrija entdeckt dabei etwas, das unter der
angelösten Farbschicht zum Vorschein gekommen ist und die Psychologin Grit Vanderwerft, die den Attentäter
behandelt, scheint sich allzusehr für das Gemälde zu interessieren. Keie muss sich tief in die Vergangenheit
begeben, um den Geheimnis auf die Spur zu kommen...
Rezension
Der Roman findet auf zwei Zeitebenen statt - der Gegenwart und den Jahren der Entstehung des wohl faszinierend-schaurigsten
Gemäldes überhaupt. Man erfährt, wie Bosch versuchte, sich gegen die Inquisition zu behaupten und
welchen Kampf er dafür ausfechten musste. Leider taucht der Meister selbst nur sehr selten auf, da es
vornehmlich um dessen Gesellen Petronius Oris geht. Dabei richtet sich der Autor nach gängigen Motiven des
Thrillers: Ein Portagonist, Keie bzw. Petronius, stolpert unfreiwillig in düstere Machenschaften und wird von
einer undurchsichtigen Schönen, Grit bzw. Zita, an der Nase herumgeführt. Von der Grundstruktur her entspricht
der Roman also den allgemeinen Klischees. Toll finde ich allerdings die Entschlüsselung der Symbolik, die sich in
Boschs Tryptichon (angeblich) verbirgt. Um den Hinweisen folgen zu können gibt es in der Mitte des Buches
eine dreiseitige, bunte Abbildung von "Der Garten der Lüste". So etwas ist immer wieder faszinierend, mitzuentdecken,
wird aber zu meinem Leidwesen im Laufe der Geschichte immer unglaubwürdiger, bis es in einem absurden
Ende kulminiert. Menschen, die gegen ihren Willen hypnotisiert werden?! Schade, es hatte so mitreißend
angefangen, auch wenn dieses Herumscharwänzeln Keies um Grit eher in einen drittklassigen Thriller gepasst
hätte. Wenn es um die Vorgänge im 16. Jahrhundert geht, wird es besser, rasanter, obwohl man nur mit dem Kopf
schütteln kann, wenn Petronius und co. mal wieder belauscht werden (wie kann man immer wieder denselben
Fehler machen?!) und dennoch niemand irgendetwas mitzubekommen scheint. Das große Rätsel um Jacob von
Almaengien war mir schon bei der ersten Andeutung Dempfs klar, während sich die Inquisition erstaunlicherweise
als ineffizienter Verein ohne rechte Macht entpuppt. Das wurde in bisher jedem historischen Roman, den
ich gelesen habe, anders dargestellt.
Dazu gesellten sich andere Ungereimtheiten, wie die Tatsache, dass angeblich jeder auf dem Scheiterhaufen
landen konnte und der Willkür des Inquisitors unterworfen war, nur die Protagonisten nicht, die regelmäßig bedroht
wurden, die aber nichts ernstlich befürchten mussten von den Domini Canes, den bellenden, aber nicht
beißenden Hunden des Herrn, den Dominikanern. Zumindest von Dempf werden sie als zahnlos dargestellt und
das nahm dem Geschehen viel von der Spannung, die sich hätte aufbauen könnten, je mehr zum Beispiel Petronius
zwischen die Fronten gerät. Dann dieser alles relativierende Schluss! Nach einer Weile ging Dempf wohl
die Puste aus und er flüchtete sich in gestellte "Gefahrensituationen", die normalerweise nie hätten zustande
kommen können. Wieso entkam Petronius? Warum bemerkte der Inquisitor Zita in der Zelle nicht? Der Becher,
den Pieter trank, war doch eigentlich für Petronius bestimmt? Wieso hatte Jacobus soviel Macht über Bosch?
Alles Beispiele für Fragen, die meiner Meinung nach nicht oder nicht zufriedenstellend beantwortet werden.
Dennoch ist das Rätsel zu "Der Garten der Lüste" bis auf ein paar grobe Schnitzer clever konstruiert und man
entdeckt in dem Gemälde immer wieder etwas, das man zuvor nicht gesehen oder beachtet hat. Allein der Streifzug
durch das Bild ist die Lektüre wert.