Autor | Frayn, Michael |
Titel | Das Spionagespiel |
Originaltitel | Spies |
Genre | Drama |
Seiten | 223 |
Erscheinungsjahr | 2002 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Hanser |
Wertung | |
Inhalt
Die beiden Jungen Keith und Stephen sind Freunde, wobei Keith immer die Führung übernimmt und den
anderen seine Überlegenheit spüren lässt. So erinnert sich zumindest Stephen, als er mehr als 50 Jahre
später an den Ort seiner Kindheit zurückkehrt. Noch einmal durchwandert er die Straßen und durchlebt
wieder das Spionagespiel, das die beiden Jungs gespielt hatten. "Meine Mutter", sagte er [Keith] nachdenklich,
fast bedauernd, "ist eine deutsche Spionin". So fing es an...
Rezension
Die beiden Kinder schleichen also Keiths Mutter hinterher, beobachten jeden ihrer Schritte. Dabei stellen sie
sich teilweise, tut mir leid das sagen zu müssen, echt dämlich an. Dass die Frau auch nach rechts und
nicht nur nach links gehen könnte, fällt ihnen erst recht spät ein. Ständig werden sie entdeckt und auch ihr
Versteck wechseln sie nie. Außerdem mochte ich sie nicht - Stephen bekommt den Mund nicht auf und
Keith ist ein arroganter Schnösel. Dank Frayns schriftstellerischem Können wirken alle Figuren jedoch
sehr lebensecht. Das verstockte Schweigen Stephens oder das rauhe Spiel der beiden Freunde könnten
direkt aus dem Leben gegriffen sein. Auch die Beschreibung der Umgebung ist gut gelungen, abgesehen
von der langweiligen Passage über die architektonischen Veränderungen der Gegend seit dem Wegzug
Stephens. Das interessierte mich überhaupt nicht und hat für die Geschichte keinerlei Bedeutung.
Was ich seltsam fand war, dass der 'alte' Stephen im Rückblick von sich selbst in der dritten Person
Singular spricht. Distanziert er sich in dieser Weise von dem, was er einmal war und was er getan hat?
Warum wechselt er dann den Stil, mal spricht er von 'er', mal von 'ich'? Irgendwie scheint er sich in all
den Jahren auch gar nicht verändert zu haben. Bei den Berichten über die Vergangenheit schreibt Frayn
zwar des öfteren, alles hätte sich gewandelt, doch eine wirkliche Entwicklung machen die Charaktere
nicht durch. Sie bleiben alle in ihren alten Mustern verhaftet, nur die Sicht Stephens auf die Situation ist
nun anders, Beziehungen wurden geknüpft oder gelöst. So wartet man gespannt auf das Ende - was das
wohl für ein Geheimnis ist, dem die Jungs auf der Spur sind? Zwischendurch gibt es ein paar Hänger wie
die schon erwähnten Seiten über die Art der Bebauung und die stilistischen Wiederholungen. Das
"vertraute Geräusch der Züge" ist mir schon ein Gräuel (die neue Rechtschreibung nicht minder) und Keiths
Mutter trägt ihren Korb, klopft an der Tür zu Tante Dees Haus, schreitet gelassen von dannen, schreitet
wieder zurück... Trotz alledem macht die Anschaulichkeit der Schilderungen einer Kindheit in England die
Schwächen des Buches zum großen Teil wieder wett und wer will schließlich nicht wissen, warum Keiths
Mutter ständig Briefe schreibt?