Autor | Haushofer, Marlen |
Titel | Die Wand |
Originaltitel | |
Genre | Drama |
Seiten | 276 |
Erscheinungsjahr | 1968 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | Die Wand (2012) |
Verlag | dtv |
Wertung | |
Inhalt
Cousine Luisa und ihr Mann Hugo haben die Ich-Erzählerin auf eine Jagdhütte in die einsamen Berge
Österreichs eingeladen. Während die beiden noch einmal in die Kneipe in dem kleinen, nicht weit entfernten Dorf gehen, legt sich ihr Gast für ein kurzes Nickerchen hin. Als sie aufwacht, ist es bereits
Morgen, Luis und Hugo sind aber noch nicht da. Sie macht sich auf die Suche, muss jedoch feststellen,
dass ihr der Weg durch eine unsichtbare Wand versperrt ist, die sie in ein genau umgrenztes Stück
des Berges einschließt. Mit ein paar Tieren richtet sich die Frau ein karges Leben ein...
Rezension
Eine faszinierende Idee: Eine Art weiblicher Robinson bleibt völlig allein zurück, die Menschen außerhalb
der Wand sind erstarrt, wie tot. Haushofer beschreibt sehr anschaulich die beschwerliche Arbeit
und all die kleinen Tätigkeiten, die die Hauptfigur (deren Namen wir nie erfahren) ausführen muss, um
zu überleben. Solche Survival-Geschichten mag ich eigentlich sehr, aber nach hundert Seiten wird der
ewig gleiche oder doch sehr ähnliche Tagesablauf einfach ermüdend. Ich hätte erwartet, viel mehr die
seelischen Abgründe der Protagonistin auszuloten, ihre Gefühle und Gedanken mit ihr zu teilen, aber
sie blieb mir völlig fremd. Erstens war mir unverständlich, warum sie erst nach einem Jahr an all die
"toten" Menschen denkt und sich ihre Lage klar macht. Selbst das verdrängt sie gleich wieder, genau
wie jede Art von damit verbundenen Emotionen - Freud hätte seine wahre Freude an ihr gehabt. Sie
sagt sich dann immer, das habe doch keinen Sinn - aber unterscheidet uns das nicht vom Tier (neben
anderem), das Überlegen, das Hinterfragen, das Sinnieren? Darauf reitet sie doch selbst immer herum,
dass wir dem Tier nie gleichen können, aber zum Menschsein gehört für mich mehr als nur Vor-sich-
hin-leben, wie die Frau das tut. Empathie zum Beispiel, schließlich sind Billionen von Lebewesen einfach erstarrt... Aber was reg ich mich auf, ist ja nur ein Buch... ;-)
Jedenfalls stürzt sich die werte Dame in die Arbeit - um sich zu betäuben? Jammern tut sie aber immer
(zu schwach, zu ungeschickt). In meinen Augen war sie nicht lebendiger als die Leute außerhalb der
Mauer. Dann redet sie sich noch ein, ihre Tiere bräuchten sie dringend - gibt es denn keinen Grund zu
leben, was nicht außerhalb ihrer selbst liegt? Ehrlich gesagt hat mich die Frau total genervt in ihrer
Gleichgültigkeit gegenüber anderen. Ist das ihre Art, damit fertigzuwerden? Oder ist sie wirklich so eine
Menschenhasserin? Und warum sollte gerade sie überleben?! Irgendwann faselt sie zwar irgendwas von
solchen, die Liebe geben können (ich weiß es nicht mehr), aber es können doch nicht alle Menschen
so schlecht oder böse gewesen sein?! Überhaupt kann ich mich mit ihrer Weltsicht nicht identifizieren,
geschweige denn ihr zustimmen. Die Frau hat schon resigniert, ich bin eher für Hoffnung und ich glaube
auch an eine Zukunft. Frau Haushofer hat sich da wohl eine Depression vom Leib geschrieben. (Januar 2008)