Inhalt
In ihrem Dorf wird die Harpunierin Alessandra Paresi als unglücksbringend gemieden, was sich aber
ändert, als sie durch den Fang dreier Wale reich wird. Doch ihr Glück währt nicht lange, da sie als eine
von Dreien als Menschenopfer auserkoren wurde, um den Abwesenden Gott zu besänftigen. Auf dem
Weg in die Stadt in Begleitung eines Priesters und seiner Soldaten kommt es zu einem Unglück. Kurz
darauf bebt die Erde und riesige Flutwellen verschlingen die Küste. Im Norden hingegen ist eine Eiszeit
ausgebrochen, die die verfeindeten Stämme und ihre Herden zur Flucht in den Süden zwingt. Seruun, der
unerfahrene Geistertänzer und spöttisch Wachträumer Genannte, kämpft gegen Widerstände in den
eigenen Reihen...
Rezension
So beginnt der erste Band von Vieren, die jeweils von einem anderen Autor verfasst wurden - eine
ungewöhnliche Idee! Wobei sich noch herausstellen wird, wie gut sie funktioniert, wenn die Geschichte
von jemand Anderem weitergesponnen werden soll. Den vorliegenden Teil fand ich jedenfalls gut, voller
im wahrsten Sinne des Wortes fantastischer Einfälle und einer reich ausgestatteten, glaubwürdigen Welt.
Dazu tragen auch die Landkarten bei, die allerdings nicht gerade detailliert sind. Aufgeteilt ist das Buch in
lauter kleine Kapitel, die manchmal allzu kurz gehalten sind und von einer Figur zum anderen springen.
Hennen hält so die Spannung aufrecht - vor einer Enthüllung wird einfach zum Nächsten hinüber geblendet
und kaum ist man dort wieder voll drin, wird man wiederum herausgerissen. Immerhin gibt es dabei
zuweilen unerwartete Wendungen, was man von den Liebesgeschichten nicht behaupten kann. Letztere
wirkten arg naiv, so dass Emotionen nicht richtig zum Tragen kommen.
Dennoch sind die Figuren sympathisch (wer erinnert sich nicht gern an die Bärbeißigkeit einer Ernanda?),
obwohl sie für meinen Geschmack zu glatt sind. Der Güte, des Könnens und des Glücks muss es doch
mal ein Ende haben! Selbst der iudicator, am Anfang arrogant und selbstgefällig scheinend, entpuppt sich
als Wohltäter. Steinfaust wird nicht minder umgänglich, aber immerhin überlebt hier nicht jeder zwangsläufig.
Was mich am meisten gestört hat, war die zum Teil herbe Brutalität, die Hennen schildert. Da drehte sich
mir fast der Magen um, nachdem der Rest mit seinen kurzen, simplen Sätzen beschaulich wie ein Jugendroman
wirkte und dann diese überraschende Grausamkeit kam. Die Einfachheit der Sprache spiegelt sich
in den Protagonisten wieder, die zu gut sind, um wahr zu sein, während die Handlung temporeich nach
dem kleinen Hänger am Anfang seinen Lauf nimmt (ist es logisch, wenn Alessandra weiterleben will, um
ihre Sünde zu büßen und im gleichen Zug zwei Söldner umbringt?). Für den Aufstieg in den Olymp fehlt
es diesem Buch jedoch an Komplexität und einem Rest von Geheimnis, einer Unberechenbarkeit, der
einer Romanfigur erst ihre Vielschichtigkeit verleiht.