Inhalt
Die Polizei hat den Tod des Milliardärs Laurens Bancroft als Selbstmord abgehakt, doch dieser behauptet, Opfer eines Anschlags geworden zu sein. Daher heuert er den Privatdetektiv Takeshi Kovacs an, ein ehemaliges Mitglied der Envoy, einer knallharten Söldnertruppe. Doch Kovacs werden von allen Seiten Steine in den Weg gelegt und die Tatsache, dass er vorher noch nie auf der Erde war, ist auch nicht gerade hilfreich...
Rezension
Eine faszinierende Idee liegt diesem Science Fiction-Thriller zugrunde und zwar die des Resleeving. Das bedeutet, man kann das Bewusstsein eines Menschen kopieren, speichern und in einen neuen Körper übertragen. Die Oberschicht kann sich dadurch quasi Unsterblichkeit kaufen, während die Armen sich mit einer Lebensspanne begnügen müssen. RD, also real death, wird daher härter bestraft als das Töten eines örpers, ohne dabei den Bewusstseinschip im Kopf zu beschädigen. Das wirft einige moralische Fragen auf, ebenso wie die Tatsache, dass Verbrecher für hunderte von Jahren in einen Speicher geladen werden, während ihr Leib einfach weiterverkauft wird. Ebenso interessant ist die Überlegung, ob Verliebtsein allein auf chemischen Reaktionen des Körpers beruht oder an das darin enthaltene Bewusstsein gekoppelt ist. Oder was uns menschlich macht, wenn wir nur Daten in einem Computer sind und was uns dann von künstlicher Intelligenz unterscheidet.
Zum Teil spricht Morgan diese Themen an, macht jedoch keinen Hehl daraus, dass es vor allem ein Thriller ist, der die klassische Gestalt des Detektivs in eine Zukunft versetzt, die unserer Gegenwart genug ähnelt, um sich sofort in ihr zurechtfinden zu können. Technische Errungenschaften sind in den Hintergrund gerückt und es bleibt der Einzelkämpfer Takeshi, der mit allerlei Tricks versucht, seine mächtigen Gegner in die Knie zu zwingen. Mehrmalige Rückschläge, das Angewiesensein auf Andere und die persönliche Beziehung zu Leuten aus seiner Vergangenheit verleihen dem Protagonisten menschliche Züge. Es stellt sich heraus, dass Takeshi als Einzelner nicht so weit kommt denn als Teil eines Teams. Dabei gehen weder er noch seine Feinde besonders zimperlich vor: Sex, Drogen und Gewalt hätten dem Roman das Siegel "keine Jugendfreigabe" eingebrockt, wenn er ein PC-Spiel oder ein Film gewesen wäre.
Was den Fall angeht, in dem Takeshi ermitteln soll, so fand ich ihn ziemlich verworren. Vielleicht lag das an den umgangssprachlichen Formulierungen in Gesprächen, die ich des öfteren zweimal lesen musste, um den Sinn dahinter zu verstehen. Dadurch geriet der Lesefluss ins Stocken und es fiel mir schwer, mir die ganzen Namen, Firmen und Einrichtungen einzuprägen. Dafür war die Auflösun am Ende eine echte Überraschung und bis wirklich alle Puzzleteile passen, bedarf es einiger Korrekturen. Was als sicher galt, wird nun über den Haufen geworfen und die Perspektiven verschieben sich. Was ich ebenfalls sehr gelungen finde ist die Atmosphäre, die Mischung aus der Einsamkeit verlassener Hotels, die Betriebsamkeit in bestimmten Ecken der Stadt, dem reichtum der Bancrofts und die aufgesetzte Wollust der Huren in den Bordellen. Es gibt zwar mehr Schießereien als echte Detektivarbeit, doch das macht einen Thriller eben aus und wenn er so packend erzählt ist wie von Morgan, brauche ich sehr schnell Nachschub. (November 2010)
Schon gewusst?
Der Autor gibt an, beim Schreiben dieses Buches von mehreren Quellen beeinflusst worden zu sein: William Gibson, M. John Harrison, Poul Anderson, Bob Shaw und "Bladerunner".