Autor | Shalev, Zeruya |
Titel | Liebesleben |
Originaltitel | chajej ahawa |
Genre | Drama |
Seiten | 368 |
Erscheinungsjahr | 1997 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | Liebesleben (2007) |
Verlag | Berlin |
Wertung | |
Inhalt
"...denn noch immer gab es keine Nähe." In diesem Fall hat dieser Satz aus dem Buch zwei Bedeutungen. Erstens mein Verhältnis zu den Personen in dem Buch und zweitens die Beziehung zwischen
Ja'ara und ihrem älteren Geliebten Arie, einem Freund ihres Vaters. Die Frau ist verheiratet, Dozentin
an der Uni und dem nach langer Zeit nach Israel zurückgekehrten Egozentriker Arie vollkommen verfallen. Derart verfallen, dass sie sich von ihm erniedrigen lässt, nach ihm lechzt wie eine läufige Hündin,
auch wenn sie öfters ihre Liebe beteuert, um es sofort wieder zurückzunehmen...
Rezension
Ja'ara wird beschrieben
als innerlich zerrissen - völlig losgelöst von ihrer Umgebung stolpert sie blindlings immer wieder zurück
zu Arie und trampelt dabei auf den Gefühlen ihrer Mitmenschen herum. Als Leidenschaft würde ich das
hier sicher nicht bezeichnen. Ersteres hat für mich eher mit einem Überschwang an positiven Gefühlen
zu tun, mit einem Sich-hingeben. Das hier ist Obsession, die Erniedrigung und Unterordnung unter den
anderen, nur um ihn nicht zu verlieren und mit ihm zusammen sein zu dürfen. Der Verlust von Stolz
und Würde war für mich in diesem Buch aber sehr schwer zu ertragen. V.a. da das Anbetungsobjekt
derart von sich selbst eingenommen ist, dass es daneben für andere kaum Platz gibt. Raum gibt er nur
seiner Lust oder vielleicht nicht einmal das. Er scheint sie dazu zu nutzen, Macht über andere auszuüben. Das alles macht mir weder ihn noch Ja'ara sympathisch. Arie wirkt kalt und berechnend, während ich Ja'ara am liebsten in eine Klinik einweisen würde. Sie quält nicht nur sich selbst, sondern
auch mich als Leser. Ich habe selten so ein schwermütiges, hoffnungsloses Buch gelesen, in dem
nicht einmal die als erotisch gepriesenen Szenen Licht ins Dunkle gebracht haben. Erotik lebt, wie ich
finde, von dem Feuer das in beiden Parteien lodert, vom Gewähren und gleichzeitigem Zurückhalten,
von zwei lebendigen Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen. Davon spüre ich hier überhaupt
nichts. Die Situationen wirken plump und sensationslüstern, ihnen fehlt es an Natürlichkeit. Mag sein,
dass es die innere Vereinsamung des Hauptcharakters zeigen soll, quasi demonstrativ: seht, was diese Frau alles tut, um ihrer inneren Leere und ihrem festgefahrenen Leben zu entkommen.
Dennoch wirkte das Buch auf mich insgesamt theatralisch, als agierten alle auf einer großen Bühne
voller überzeichneter Charaktere, von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass das normale Menschen
sein sollen. Einzig Joni erweckte Mitgefühl in mir, mit einer Frau geschlagen, die ihrem Liebhaber in
Egozentrik in nichts nachsteht (sie lügt und stiehlt, lässt eine Katze überfahren, behandelt Joni einfach
widerlich). Der Schreibstil selbst erschien anfangs ganz interessant, wie Gedanken, die einem im Kopf
herumschwirren. Doch bald nervten sie mich. Warum keine Punkte, nur Kommas? Shalev erzeugt damit künstlich ein Tempo, welche das Buch nicht besitzt.
Dies ist keine Liebesgeschichte, wie ich erwartet hatte und auch kein erotischer Roman. Es geht um
eine Befreiung, doch mag ich dieses Suhlen in Tristesse und Negativität nicht, für mich ist das nichts.