Autor | Sijie, Dai |
Titel | Balzac und die kleine chinesische Schneiderin |
Originaltitel | Balzac et la petite tailleuse chinoise |
Genre | Drama |
Seiten | 200 |
Erscheinungsjahr | 2000 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | Xiao cai feng (2002) |
Verlag | Piper |
Wertung | |
Inhalt
Der Ich-Erzähler und sein Freund Luo, zwei junge Studenten und Söhne von Volksfeinden, werden zur
Umerziehung aufs Land geschickt. Dort sollen sie wieder zum wahren Kommunismus bekehrt werden,
durch harte Arbeit auf dem Feld und in den Minen. Luo verliebt sich dabei in die Tochter des Schneiders
aus dem Nachbardorf und will aus dem naiven Mädchen eine gebildete Frau machen. Und er weiß auch
schon wie: Der Brillenschang, ein anderer Verschickter, versteckt eine Kiste voller von Balzac, Dumas,
Flaubert...
Rezension
Eine wirklich nette kleine Geschichte hat Sijie da geschrieben, doch der Stoff für einen Bestseller ist
das nicht. Warum war er dennoch so erfolgreich und wurde sogar verfilmt? Vielleicht liegt es an seiner
Leichtigkeit, mit der er das schwere Thema der Unterdrückung durch den Kommunismus anpackt, aus
dem die Protagonisten durch verbotene Lektüre zu entfliehen versuchen. Eine andere Welt eröffnet sich
ihnen und der kleinen Schneiderin, bei der Luo eines nicht bedacht hat - mit dem Wissen kommt die
Einsicht. Gut, dass er einmal von seinem hohen Ross herunterkommen muss: "Sie ist ziemlich ungebildet...zumindest zu ungebildet für mich!" sagt er über das Mädchen. Dazu sein verantwortungsloses
Handeln und die Sache mit dem Zahn. Luo und der Ich-Erzähler sind keine Gesellen, die ich gerne
kennenlernen würde.
Was den Schreibstil des Autors anbelangt, so ist er sehr naiv, was aber daran liegen kann, dass Sijie
den Roman auf französisch verfasst hat und nicht in seiner Muttersprache. Die Lektüre gestaltete sich
daher sehr flüssig und schnell, erinnerte mich aber an Bücher aus meiner Kindheit. Ehrlich gesagt war
mir der Stil zu einfach, was sich auch von der simplen Handlung sagen lässt. Ich hätte mir mehr Beschreibungen gewünscht, man bekommt von der Peripherie überhaupt nichts mit bzw. sie ist nicht vorhanden. Daher konnte ich mich gar nicht in die Geschichte hineinversetzen, in dem eindimensionale
Charaktere durch karge Kulissen stapfen und keinerlei Gefühle in mir aufkommen lassen. Na, vielleicht
Mitleid mit all den Menschen, die von ihrem Regime unterdrückt werden und nicht einmal das lesen
dürfen, was sie wollen. Ansonsten war ich - wusch - durch mit der Lektüre, ohne etwas davon mit zu
nehmen.