Autor | Weber, Peter F. |
Titel | Der domestizierte Affe. Die Evolution de menschlichen Gehirns |
Originaltitel | |
Genre | Sachbuch |
Seiten | 248 |
Erscheinungsjahr | 2005 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Walter (Teil v. Patmos) |
Wertung | |
Inhalt
Weber ist Wissenschaftsjournalist und geht der Frage nach, warum sich gerade beim Menschen das Gehirn
so weit entwickelt hat, dass er Werkzeuge, Kultur, die Sprache und all die heutigen technischen Errungenschaften
„erfinden“ konnte. Was unterscheidet ihn von seinen nahen Verwandten, Schimpansen, Gorillas und co.? Im
ersten Kapitel „Was Menschenaffen so denken“ wirft Weber Fragen auf, nach deren Antwort er im Laufe des
Buches sucht. Er beginnt mit einer „Zeitreise durch 6 Millionen Jahre Menschheitsgeschichte“ und den Vorgängern
des heutigen Homo sapiens. Da die Entwicklung eines leistungsfähigen Gehirns einiges an Nährstoffen benötigt,
folgt „Jäger oder Aasfresser – wie die Energie ins Gehirn kommt“ mit Theorien darüber, welche Nahrung als
Grundlage hätte dienen können. Kapitel IV, „Omas, Knollen und fette Maden – die Entwicklung der Langlebigkeit“
widmet sich einer ähnlichen Thematik. „Wie das Gehirn denkt“ endlich erläutert die unterschiedlichen Hirnareale
und deren Funktion. In „Der entfesselte Geist – die kulturelle Evolution des Denkens“ wird die Bedeutung von
Familie und sozialem Gefüge für die Entwicklung des intellektuell gewandten Menschen herausgestrichen. Den
Abschluss bilden Anmerkungen, Quellenangaben und ein Register...
Rezension
Der Einfachheit halber rolle ich das Buch von hinten her auf. Die dem Werk zugrunde liegende Literatur ist, wie es
ein wissenschaftliches Sachbuch verlangt, in aller Ausführlichkeit aufgeführt und im Text selbst durch Zahlen
gekennzeichnet. Mithilfe des langen Registers findet man Themen, die einen interessieren, schnell wieder. So
kann man etwa nach Jane Goodall suchen, Hirnkühlung oder dem Wernicke-Sprachzentrum. Ich vermisse allerdings
Fotos und Schaubilder, welche hier nur sehr spärlich auftreten. So zeigt Weber zum Beispiel den (vermutlichen)
Stammbaum des Homo sapiens, aber in sehr vereinfachter Form. So ergeht es auch dem Aufbau des Gehirns und
Leser, welche sich bereits ein wenig mit beidem beschäftigt haben, fühlen sich mit diesen kargen Informationen
abgespeist. Sicher, Weber wollte gerade kein Werk für ein hoch spezialisiertes Fachpublikum verfassen. Dabei
tappt er aber in die Falle, dass Behauptungen gemacht und nicht ausreichend belegt werden. Die Großmutterhypothese etwa wirkt nicht gerade glaubwürdig – starben Menschen in der Vergangenheit nicht fast alle vor ihrem
30. Lebensjahr? Die Beispiele, die Weber anführt – Indianer, Buschleute und Renaissancekünstler – haben die
Entwicklung bereits hinter sich, die der Autor mit der Omatheorie zu belegen versucht. Oder irre ich mich und die
ganzen „Homo-Arten“ hätten doch alle die 60, 70 erreicht? Vielleicht hat sich ja die Menopause nach hinten
verschoben im Laufe der Jahrtausende, aufgrund besserer Ernährung?
Wie man sieht, wirft Weber mit seinem Buch weitaus mehr Fragen auf, als er beantworten kann. Vor allem kreist
er selbst des öfteren um dieselben Themen, ergeht sich wie in der amerikanischen Sachliteratur üblich in Wiederholungen, wird dadurch für die meisten Leser zugänglich und wirkt zugleich etwas anspruchslos. Nicht in
jedem Abschnitt muss nochmals rekapituliert werden, was man in den vorherigen erfahren hat. Dafür gibt es
schließlich den Hippocampus. Trotzdem muss man dem Autoren zugestehen, dass er dem breiten Publikum ein sehr
komplexes Thema auf unterhaltsame Art und Weise näher zu bringen vermag. Vieles wird in Dialogen zwischen
ihm und einem Wissenschaftler erklärt, durch Anekdoten und Fallbeispiele aufgelockert. So liest sich „Der domestizierte Affe“ weniger wie ein Sachbuch denn wie ein Erlebnisbericht. Ein guter Einstieg, würde ich meinen, doch
wer sich wirklich für das Thema interessiert, dem wird die Tiefe fehlen, etwa die Fachbegriffe, auf die Weber
weitgehend verzichtet hat. Oder das Eingehen auf die unterschiedlichen Entwicklungstheorien, die oft nur angeschnitten werden. Ein Einstieg, wie gesagt.