Autor

Feibel, Thomas

Titel

Killerspiele im Kinderzimmer. Was wir über Computer und Gewalt wissen müssen

Originaltitel

Genre

Sachbuch

Seiten

180

Erscheinungsjahr

2004

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Walter Verlag (Teil v. Patmos)

Wertung

Inhalt

Das kurze Vorwort dient der Einführung in die Problematik des Themas Computerspiele, deren Wirkung und die Neigung der breiten Öffentlichkeit, also auch der Eltern, dieses Hobby pauschal ab zu urteilen. Feibel stellt klar, dass Gewalt Teil unserer Gesellschaft ist, dessen Darstellung nicht mehr generell verboten werden kann („Level 2: Warum Computerspiele heute unvermeidbar sind“) und warum die Kinder und Jugendlichen dieses Medium überhaupt nutzen. Darauf folgt in Level 4 eine kleine Einführung in die verschiedenen Computerspielgenres und die unterschiedlichen Arten von von Videokonsolen. Level 5 schließlich beschäftigt sich mit den Theorien von aggressiven Spielen und weshalb letztere so beliebt sind, vor allem unter männlichen Heranwachsenden...

Rezension

„Kein Zweifel: Nichts vermag Kinder im Alltag so stark zu fesseln wie Computerspiele. Je brutaler, desto besser.“ Wo hat Feibel denn diese Information her?! Je spannender, desto besser, würde eher passen. Und was ist auf- regender als wenn die Gefahr droht, sein virtuelles Leben auszuhauchen? Dieser Kommentar aus dem Vorwort ließ wahrhaftig nichts Gutes erahnen, schon wieder solch ein polarisierendes Werk, welches die Schlechtigkeit von Computerspielen propagieren würde? Feibel macht zumindest keinen Hehl daraus, dass er Shooter ablehnt: „Krieg ist nunmal kein Spaß, weder im Kino noch im Spiel. Wer wirklich intellektuell und emotional überzeugt gegen den Krieg ist, wird seine[n] Kindern den Umgang mit solchen Spielen verbieten.“ Das gleiche sollte folgerichtig ebenfalls für Filme gelten. Aber es ist gemeinhin leichter, auf Computer- beziehungsweise Konsolenspielen herumzuhacken. Nichtsdestotrotz holt Feibel überraschenderweise keineswegs zu einem Rundumschlag aus, sondern versucht sogar zu klären, was die Faszination an diesem Medium ausmacht.
Fehler haben sich trotzdem eingeschlichen, beinahe zwangsläufig bei einem Autoren, der selbst nicht mit dem Thema aufgewachsen zu sein scheint. So hießt die Aufbaustrategie „Anno 1602“ zuweilen „Anno 1604“, zwei Seiten später richtigerweise „Anno 1602“. Der Rest stimmt dem Namen nach – eine Seltenheit bei Literatur über die (möglichen) Folgen des PC-Konsums. Generell scheint sich der Autor sehr gut informiert zu haben, obwohl er doch wieder in die Falle tappt, die dargestellte Gewalt aufzubauschen: „Wenn beispielsweise der eigene Sohn am Computer in der Rolle de Agenten „XIII“ einem Angreifer gerade ein gezacktes Messer in die Stirn rammt, sich dessen Waffe bemächtigt...“An solch eine Szene kann ich mich nicht erinnern. Was ich ebenfalls ein wenig fragwürdig finde, ist die Einteilung in Erwachsene und Jugendliche / Computerspieler: „Mit Splatter- und Horroreffekten, die dem durchschnittlichen Erwachsenen vor Entsetzen den Mund offen stehen lassen.“ Nur nebenbei: Wenn man sich einmal vor Augen führt, was für Filme im Kino laufen – „Saw“, „Hostel“ und dergleichen – scheinen Spiele daneben geradezu harmlos. Und wer zockt denn nun? Ich zum Beispiel bin mit „Wolfenstein 3D“, „Doom“, „Mortal Kombat“ etc. aufgewachsen, bin 28, spiele immer noch und zähle mich zu den Volljährigen. Heutige Eltern könnten also durchaus selbst mit den Spielen aufgewachsen sein, die Feibel erwähnt. Er selbst stellt die Erziehungsberechtigten allerdings als unbedarfte Laien dar.
Des weiteren hinkt der Vergleich zwischen Konsolen und PCs: „Shooter-Spiele machen auf der Konsole [...] mehr Spaß. Das Pad ist besser zu bedienen.“ Er meint wohl das Genre Action allgemein und darin speziell die Prügelspiele, die sich mit einem Pad tatsächlich komfortabler und virtuoser bedienen lassen. Doch bei Egoshootern, bei denen es auf Zielgenauigkeit ankommt, ist man mit der Kombination Maus und Tastatur im Vorteil. Die Maus ist einfach exakter, man kann sich zudem schneller drehen. Oder die Aussage: „Viele PC-Spiele erscheinen früher oder später auch für Konsolen. Und das in allen Genres.“ Also erstens wird vieles erst auf Playstation, X-Box und co. publiziert, um später – wenn wir Computerzocker Glück haben – auf den PC portiert zu werden, in mehr oder weniger sorgfältiger Ausführung. Andersherum ist eine Umsetzung eher selten, erst recht bei den Genres Strategie, Adventure oder Simulation. A propos Strategie, es wird eine Umfrage präsentiert, die sich auf die bevorzugten Genres von Jungen und Mädchen bezieht. Danach würden 70% der Mädchen gerne Denk- und Strategiespiele zocken, aber nur 55% der Jungs. Dabei spielen kaum weibliche Personen Strategygames, während Denkspiele wie das kürzlich erschienene „Crazy Machines 2“ tatsächlich vor allem Mädchen / Frauen anspricht.
Formal gesehen gibt es nichts zu bekritteln. Die Quellenabgaben im hinteren Teil des Buches scheinen vollständig und genau, die Verweise darauf sind allerdings höchst selten. So lesen sich die Kapitel wie ein Kommentar. Der Verfasser zieht sich auf Gemeinplätze zurück, stellt Behauptungen auf, ohne diese zu belegen, gibt aber zu, dass eine schädliche Wirkung von Gewalt in Computerspielen bis dato nicht nachgewiesen wurde. Sehr gut hingegen finde ich, wie stark Feibel die Rolle der Eltern betont, die sich oft mit der Ausrede aus der Affäre ziehen, sie hätten schließlich keine Ahnung von diesem Medium. Der Autor prangert an, sie seien zu bequem, sich ernsthaft mit dem Thema auseinander und sich einmal zusammen mit ihren Sprösslingen vor den Monitor zu setzen. Darum hinterließ „Killerspiele im Kinderzimmer“ trotz des reißerisch wirkenden Titels einen recht positiven Eindruck - es muss ja nicht jeder mein Hobby toll finden. Es zu verdammen hilft aber auch nicht und genau das zeigt Feibel.
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