Inhalt
Der Merchanter Cargo Chief Marie Hawkins, die zuständig ist für das wichtigste bei einem Handelsschiff, nämlich
die Suche nach profitablen Waren, hat jene Nacht vor nunmehr 23 Jahren nie vergessen. Niemand weiß so recht,
was in besagtem Sleepover zwischen ihr und einem Besatzungsmitglied der
Corinthian, Austin Bowe, tatsächlich
passiert ist. Klar ist jedoch, dass daraus ein Kind hervorgegangen ist, Tom, und dass Marie den inzwischen zum
Kapitän der
Corinthian aufgestiegenen Bowe seitdem mit ihrem Hass verfolgt…
Rezension
Cherryh erzählt nicht nur Geschichten, die bei Space Operas oft auf ein bloßes Handlungsgerippe reduziert
werden. Sie erzählt Schicksale. So sind hier die Lebensfäden mehrerer Menschen miteinander verwoben, welche
alle irgendeinen seelischen Schaden mit sich herumtragen und das bereits seit über zwanzig Jahren. Marie
scheint besessen, Tom vernachlässigt und verzweifelt auf der Suche nach Bindung, was er aber hinter einer
aggressiven Fassade verbirgt. So könnte man reihum gehen und feststellen, dass niemand sich im Gleichgewicht
befindet. Gerade das macht die Bücher Cherryhs so interessant, da sie sich in menschliche Abgründe hineinwagt,
wie man sie in einem Science Fiction-Werk nicht vermuten würde. Mag sein, dass dies manchen Lesern nicht
zusagt, da sie schlicht etwas anderes erwartet hatten. Weltraumschlachten gibt es hier allerdings auch, allerdings
in sehr verkürzter Form. Und sie enden ebenso abrupt, wie sie begonnen haben. Auch der Roman an sich hat
damit einen allzu plötzlichen Todesstoß erfahren und findet einen Abschluss, den ich etwas unbefriedigend
fand. Zumal der Roman zwar aus der Merchanter-Reihe stammt, jeder Band aber von anderen Familienclans
handelt (jedes Schiff, d.h. jedes erfolgreiche und legal agierende Handelsschiff ist ausschließlich mit den Mitgliedern einer Familie bemannt. Daher wirkt die
Corinthian mit ihrer teils angeworbenen Besatzung von vornherein
verdächtig.)
Für mich ein weiterer Wermutstropfen: Die Charaktere. Die hatte ich doch vorhin erst gelobt?! Sie sind für meinen
Geschmack etwas zu kantig, als dass ich sie mögen könnte, ihre Seelenlandschaft weist allzu dunkle Flecken
auf. Capellas Motive zum Beispiel blieben völlig unklar und die anderen sind ja auch nicht ganz normal. Ferner
wirkten manche Dialoge diesmal etwas aufgesetzt. Dieses Gefühl hatte ich noch bei keinem von Cherrys Romanen
und ich frage mich, ob der Grund darin zu suchen ist, dass mir nichts an den Figuren lag. Dadurch war ich wahrscheinlich weniger involviert als sonst und habe die Handlung gänzlich als Außenstehender betrachtet. Die
Protagonisten zu mögen, das brauche ich irgendwie bei einem Buch. Nichtsdestotrotz fand ich "Tripoint"
faszinierend, da es einfach ganz anders ist als die meisten Science Fiction-Schinken. Hier erlebt man, wie bereits
erwähnt, Schicksale mit, nicht (nur) bloße Skripte. (Januar 2011)