Autor

Stendhal
(= Beyle, Marie-Henri)

Titel

Die Kartause von Parma

Originaltitel

La Chartreuse de Parme

Genre

Historisches

Seiten

602

Erscheinungsjahr

1939

Auszeichnungen

Verfilmungen

La Chartreuse de Parme (1948)
La Certosa die Parma (TV-Miniserie, 1981)

Verlag

Winkler (Teil v. Patmos)

Wertung

Inhalt

Fabrizio Pietranera ist der zweitgeborene Sohn eines italienischen Adligen und somit für seinen Vater uninteressant, da sein Bruder Ascanio einmal das gesamte Vermögen erben wird. Entsprechend leichtfertig lebt er seine Leidenschaften aus, wie etwa zur Armee des französischen Generals Napoleon zu stoßen, obwohl sein Vater die österreichischen Besatzer unterstützt. Eine Rückkehr nach Hause scheint nicht mehr möglich und Gräfin Gina Pietranera, seine Tante und ihrem Neffen sehr zugetan, reist daraufhin ebenfalls ab, um just auf den berühmtberüchtigten Kriegs-, Polizei- und Finanzminister Parmas, den Grafen Mosca, zu treffen...

Rezension

Man erkennt sogleich den auf viele Figuren und auf eine längere Zeitspanne hin ausgerichteten Roman. Wie in solch doch schon betagter Lektüre üblich, wird jeweils die gesamte Biographie der Protagonisten aufgerollt, zumeist beinahe sofort beim ersten Auftritt der jeweiligen Person, so dass man genau weiß, mit wem man es fürderhin zu tun hat. Das geschieht beileibe nicht so aufdringlich wie bei etwa "Bildnis einer Dame" von Henry James und damit hat man genug Gelegenheit, sich selbst ein Urteil über Fabrizio und co. zu bilden.
Und das liest sich trotz der Kriegserlebnisse des Jungspunds sehr beschwingt und unbeschwert, so dass man sich bei der Lektüre seltsam leicht fühlt, aller Alltagssorgen enthoben. Das liegt sicherlich mit daran, dass die Zeit, in welcher der Roman spielt, die ganzen Umstände, wie etwa die Gesellschaft der Adligen, sich völlig von dem unterscheidet, was man selbst kennt. Selbst die Widrigkeiten, denen sich die Figuren ausgesetzt sehen, erscheinen einem als bloße Lappalien und man ist zuversichtlich, dass die Probleme alsbald beseitigt werden. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.
Das alles hört sich nun nach einem sehr oberflächlichen Roman an, ist aber aufgrund seiner gesetzten, altertümlich klingenden Wortwahl durchaus nicht anspruchslos. Ferner erfährt man einiges über die damalige Historie, wie etwa die Besetzung Italiens durch die Österreicher, dann durch die Franzosen und umgekehrt. Als Franzose ist Stendhal natürlich kein objektiver Beobachter, wenn er berichtet, mit welch offenen Armen seine Landsleute von den Italienern empfangen wurden. Nichtsdestotrotz finde ich, dass die Politik sehr gut in die Handlung eingebettet wurde und man somit entsprechende Passagen ebenso gerne liest wie das zwischenmenschliche Geplänkel. Was nicht heißen soll, dass es keine Längen gäbe, denn diese sind durchaus vorhanden. So wird etwa in aller Ausführlichkeit erklärt, weshalb die Gräfin nicht in diesen Mosca verliebt sei, um dies sogleich dadurch zu relativieren, wie zugetan sie ihm wäre. Daher mögen einige "Die Kartause von Parma" öde finden, obwohl es einen sehr netten Zeitvertreib bietet, mit naiven, aber äußerst netten Gesellen.
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