Autor | Williams, Tad |
Titel | Die Chronik von Osten Ard I: Der Drachenbeinthron |
Originaltitel | Memory, Sorrow and Thorn I: The Dragonbone Chair |
Genre | Fantasy |
Seiten | 936 |
Erscheinungsjahr | 1988 |
Auszeichnungen | |
Verfilmungen | |
Verlag | Fischer |
Website des Autors | www.tadwilliams.com |
Wertung | |
Inhalt
Nach dem Tod des Königs Johan ist nichts mehr so wie es war. Elias, der Thronfolger, meint in seinem
Bruder Josua einen Neider zu erkennen, und sein Berater Pryratres tut sein übriges, die Kühle zwischen ihnen zu einer Feindschaft zu entwickeln. Elias knüpft verhängnisvolle Bande mit einem Verbündeten, der seine eigenen Ziele verfolgt. Josua muss fliehen, mit Hilfe von Simon, einem Küchenjungen.
Eine gefahrvolle Odyssee beginnt, und beide reisen zunächst allein auf dem Weg zu Josuas Burg...
Rezension
Von dem ersten Teil der vielgepriesenen Saga war ich richtiggehend enttäuscht, auch wenn ab und zu
das Können Williams, wie in Otherland bewiesen, durchscheint. Leider gibt es im ersten Band der vierteiligen Saga viele Längen, wegen derer ich manchmal sogar aufgeben wollte. Der Autor verliert sich,
wie ich meine, über etliche Seiten hinweg in Belanglosigkeiten, die weder dem Verlauf der Geschichte
dienen, noch dem Kennenlernen der Personen. Schön, dass er seine Welt ausschmücken will, doch
klappt das nicht mit fadem Gelaber und durch-die-Gegend-Gegurke. Allerdings - und das ist auch der
Grund, warum das Buch nicht in der Ecke gelandet ist - hat Tad einige gute Ideen und wendet mit einem Vergnügen, das ihm anzumerken ist, Metaphern an, die in jedem Abschnitt zu finden sind. Solche
Vergleiche hat man noch nie gehört und man schwelgt in diesen wenigen Worten, die einem die Dinge
soviel schillernder und lebendiger erscheinen lassen, als es mit einer bloßen Beschreibung möglich
wäre.
Die ganze Fantasywelt ist episch angelegt, doch misslingt es Tad, der in dem Punkt wohl Tolkien nacheifert, einen glaubwürdigen, geschichtlichen Hintergrund aufzubauen. Es wirkt irgendwie aufgesetzt, als redeten die Leute nicht über ihre eigene Vergangenheit und erinnert allzusehr an HdR. Da
steht ein Oberbösewicht wieder von den Toten auf und haust in seinem Turm, in dem er dunkle Pläne
schmiedet. Immerhin war er anfangs von der hehren Idee beseelt, sein Volk zu retten, wurde aber von
der "dunklen Seite der Macht" angezogen. Außerdem überschwemmen finstere Gestalten das Land
und es gibt drei machtvolle Gegenstände, die zu suchen sind. Von der ziemlich ausgelutschten Grundidee abgesehen, entwickelt Tad doch seine eigene Welt, nachdem er Simon Mondkalb, einen nervig
dämlichen Jugendlichen, auf Wanderung mit seinem kleinen Gefährten, dem Troll Binabik und dessen
Wolf Quantaka geschickt hat (seltsam, dass die Leute in Fantasyromanen immer Wölfe an ihrer Seite
haben). Die Handlung gewinnt ab und zu an Tempo, schneckt aber die meiste Zeit vor sich hin und wartet
kaum mit Überraschungen auf (auch wenn sie vom Autor als solche präsentiert werden, wenn die Personen total überrascht sind, der findige Leser aber nicht). Ferner ist sie mit vielen außerordentlichen Zufällen gespickt, bei dem sich immer die richtigen in dem doch recht großen Land Osten Ard über den
Weg laufen.
Davon abgesehen bietet das Buch solide Unterhaltung, bei dem zwar nicht das Gesamtkonzept überzeugt (die großangelegte, in vielen Teilen abgekupferte Geschichte, die vielen Leerläufe),
doch gibt es ein paar Perlen zu entdecken, wie die erwähnten Metaphern und den manchmal wie Yoda
orakelnden Binabik. Allerdings treten viel zuviele Personen auf, von denen man sich erstens die ganzen
Namen nicht merken kann (der Anhang macht mal wirklich Sinn), die zweitens völlig unwichtig sind und
bei denen man sich fragt, warum man Seitenweise über sie lesen muss, und die drittens, wie ich
meine, die Identifizierung des Lesers mit einem von ihnen verhindern, da zuviele davon da sind, als
dass man sie näher kennenlernen könnte. Durch nähere Charakterisierung wäre das Buch (Gott bewahre) noch länger geworden, obwohl es schon jetzt in dieser Fülle an Orten, Personen und Fraktionen beinahe erstickt. Tad hat sein Buch zu voll geladen und kentert zwar nicht ganz, liegt aber ziemlich tief und derartig schwerfällig im Wasser, dass nur geduldige Leser mit ihm die Fahrt in das Land
Osten Ard zu machen wagen. Immerhin bin ich daran interessiert, wie das ganze weitergehen wird und
ob Tad aus Mittelerde endlich gänzlich in seine selbst geschaffene Welt zu übertreten wagt. Außerdem hat diese Tulpe das Ende derart spannend und actionreich gestaltet, dass ich doch gespannt bin,
ob Simon einer dieser Auserwählten ist und wie sie Ineluki besiegen werden.